Mit Blitz und Donner ins Winterlager
Törnbericht
Segelrevier: Mittelmeer, Ionisches Meer, Kroatische Adria
Törnbericht von Astrid (20.10.-04.11.2018) An Bord: Astrid und der Seewolf
20.10.18 Catania
Die Loup ist in Sizilien unterwegs und soll bald wieder ins Winterlager. Das liegt in der Marina Aktio bei Preveza in Griechenland, ganz in der Nähe von Lefkada. Für die Überfahrt brauchen wir den richtigen Wind. Schon eine Woche vorher schauen wir in die Wetterkarten, ich noch zu Hause und Frank in Sizilien. Aber der Wetterbericht sagt fast jeden Tag eine neue Konstellation voraus. Die Wetterfrösche haben also auch keine Ahnung, was kommen wird. Es hilft nichts, wir müssen warten, wie das Wetter am Sonntag wird. Schon am Samstag komme ich in Catania an, freu mich riesig endlich wieder auf der Loup zu sein, und werde herzlich begrüßt vom Seewolf und der Vor-Crew, die noch bis morgen auf dem Schiff ist.
Abends bummeln wir durch Catania. Hier ist viel los. An jeder Ecke wird Musik gemacht, es sind viele Menschen unterwegs und wir kommen an dem berühmten Elefantenbrunnen vorbei. Gegessen wird dann gemeinsam in einem Weinhaus.
21.10.18 Mit Blitz und Donner
Am nächsten Morgen ist es dann soweit. Wir legen ab. Von Catania aus ginge der direkte Weg nach Griechenland nach Osten, aber der Wetterbericht, der immer noch nicht ideal ist, sagt für später Südwind voraus. Also halten wir unseren Kurs zunächst eher auf Ostsüdost, um die Windblase mit dem Südwind am Ende zu nutzen. In der Vorhersage soll der Wind bis zu 30 Knoten erreichen, aber noch weht nur ein leises Lüftchen und weil wir schnell vorwärts kommen wollen um unseren Südwind zu erreichen, muss zunächst sogar „Theo“, der Motor ran. Dann ziehen wir das Groß hoch und am frühen Nachmittag kommt die Genua dazu. Wir können segeln und wechseln uns am Ruder ab. Gegen Abend nimmt der Wind dann stetig zu. Wolkenberge türmen sich zu Gewitterwolken auf. Ich stehe am Ruder und trotze den Böen. Um 2000 holen wir das Groß runter, es beginnt zu regnen, um 2100 Uhr stecken wir das erste Reff in der Genua, es beginnt jetzt heftig zu gewittern, Blitz und Donner wechseln sich ab. Es sieht schon toll aus wie die Blitze im zickzack-Kurs ins Meer fahren, aber als es direkt über mir wieder kracht und der Donner grollt, ziehe ich unwillkürlich den Kopf ein. Um 2200 Uhr stecken wir schon das dritte Reff in die Genua. Aber trotz der verkleinerten Segelfläche legt der Wind immer mehr zu. Die angesagten 30 Knoten haben wir schon deutlich überschritten. Zum Glück habe ich unter der Rettungsweste das volle Ölzeug an, Fleece darunter und dazu meine Segelstiefeln an. Denn aus dem Regen ist inzwischen ein satter Hagelschauer geworden. Zusammengekauert sitze ich über dem Ruder. Meinen Südostkurs kann ich nicht mehr halten. Ich muss abfallen. Der Wind dreht. Jetzt fahre ich schon bald Nordkurs, die Genua immer noch an Backbord. Nicht so schlimm, wir haben vorher ja gut Weg vorgehalten, da kann ich schon ein bisschen nach Norden fahren. Und dann setzt der Wind aus, nur kurz. Der Verklicker kreiselt und im nächsten Moment haut der Wind von der anderen Seite ins Segel. Die Genua steht back. Frank der unter Deck ist, kommt hoch und versucht das Segel zu bändigen. Trotz seiner Bärenkräfte hat er Mühe das killende Segel anzuholen. Ich bin schon fast auf Gegenkurs und versuche nun wieder meinen Ostsüdostkurs zu erreichen. Erst 90° und dann habe ich langsam auch wieder meinen alten Kurs 110°. Wir segeln weiter, nur dass die Genua jetzt an steuerbord ist. Um 2300 Uhr gebe ich das Ruder ab. Dann schäle ich mich aus den nassen Klamotten, falle in die Koje und bin fast sofort eingeschlafen.
22.10.18 Wellenreiten
Um kurz vor 0400 Uhr habe ich mir den Wecker gestellt, um den Seewolf abzulösen, aber der hat alles im Griff. Auch bei ihm pfeift der Wind mit 7 Bft und dreht mal wieder. Jetzt auf Südost. Aber Frank meint „Kannst ruhig liegen bleiben“. Dankbar drehe ich mich um und schlafe nochmal ein paar Stunden. Als ich das nächste Mal wach werde, ist es schon hell. Am Wetter draußen hat sich wenig geändert. Gegen Mittag gewittert es wieder, aber alles in allem ist es ein bisschen ruhiger draußen. Dafür sind die Wellen jetzt höher und die Loup surft wie ein Wellenreiter die Wasserberge rauf und runter. Als es wieder Nacht wird ist der fast schon Vollmond zu sehen und daher ist es nicht ganz dunkel.
23.10.18 Blinde Passagiere
Auch diesen Tag segeln wir noch durch, meistenteils mit der Genua im 2. Reff. Das Groß bleibt im Segelkleid. Für den Wind reicht das so, und wir sind trotzdem ganz schön flott dabei. Die Geschwindigkeit klettert auf über 10 Knoten Speed und es macht wieder richtig Spaß am Ruder zu stehen. Mein Versuch, einem Gewitter aus dem Weg zu fahren endet dann aber wieder in einer breiten Regenfront. Schnell ist wieder alles eingeweicht. Zwei Vögelchen, die sich schon in der ersten Nacht auf unser Boot gerettet haben, und die auf diese Weise von Sizilien mit nach Griechenland kommen, versuchen ihr Glück, heben ab, drehen ein paar Runden im strömenden Regen und werden von der Gischt überspült. Dann landet der eine Vogel direkt neben mir und guckt mich an, als würde er auch mal steuern wollen. Ich bin froh, dass die kleinen blinden Passagiere es wieder aufs Schiff geschafft haben und verspreche dem Piepmatz, dass das Festland jetzt nicht mehr weit ist. Als der Regen endlich aufhört, zwitschern beide noch einmal zum Abschied und legen die letzten Kilometer nach Griechenland im Flug zurück. Unser Anker fällt um 2030 im Dunklen bei Kiriakis in einer Bucht im Norden von Kefalonia. Jetzt noch schnell eine Ankersicherung anbauen und dann haben wir uns das Ankerbier nach 324sm nonstop segeln verdient. Wir knabbern noch was zum Rotwein und fallen später zufrieden in die Koje.
24.10.18 Lefkada
Heute morgen müssen wir erstmal klarieren. Das Cockpit sieht wild aus. Der Backbord-Kissenfender, der uns als Rückenlehne dient, ist abgerissen und verschwindet schon mal unter Deck. Das Großfall hat sich um das Dampferlicht gewickelt. Ich klettere die Maststufen hoch, schnell ist das Fall wieder lose. Nachdem wir auch alle übrigen Leinen aufgeschossen und verstaut haben, sieht alles schon wieder ordentlich aus. Nach dem Frühstück heißt es Anker auf und wir fahren Richtung Lefkada. Jetzt kommt sogar die Sonne raus, und bei wenig Wind setzen wir zum letzten Mal für dieses Jahr die Segel. Wir segeln an der Strecke vorbei, wo wir letztes Jahr - um Arkoudi herum - Regatta gefahren sind. Erinnerungen kommen hoch. Weißt du noch… Und wir planen die Regatta fest für nächstes Jahr wieder ein. Frank steht in Kontakt mit Maria vom IYC und sie bestätigt uns, dass in Lefkada an der Stadt-Peer noch Platz für uns ist. Auf dem letzten Stück holen wir die Segel ein und motoren. In Lefkada machen wir uns dann fest mit Heckleinen und Moorings und gönnen uns erstmal eine Pita. Heute Abend ist auch original griechisches Essen dran. Die Wirtin in „7 Islands“ lässt uns in alle Töpfe schauen und als sie den letzten Deckel hebt, lacht sie schon aus vollem Hals. Denn da ist Stifado drin. Wir sind nicht das erste Mal hier und sie wusste schon vorher, dass wir uns für das lecker gekochte Rindfleisch mit viel Zwiebeln und Reis entscheiden würden. Wir nehmen noch gefüllte Weinblätter dazu und griechischen Rotwein.
25.10.18 Umparken
Heute müssen wir von unserem Platz weg, denn eine Fähre soll an den Steg kommen, aber wir fahren nur ein paar Boote weiter. Das ist eine gute Gelegenheit für mich mal wieder Ab- und Anlegen zu üben. Ablegen ist kein Problem, Frank wirft die Moorings los, ich halte die Luvheckleine noch ein wenig auf Slip und fahre dann zwischen den Ankerketten und Moorings der Nachbarboote raus. Vor dem Anlegen habe ich mehr Respekt. Vorsichtig peile ich die Lücke an, der Seitenwind vertreibt mich ein wenig, aber letztlich komme ich doch gut in die Lücke rein. Aufstoppen und wieder festmachen mit den Heckleinen und der Mooring ist schon Routine.
Heute schlendern wir bei den Ausrüstern vorbei und holen dies und das für die Loup. Zum Abendessen gehen wir zu den Daltons. Unser deutsch-sprechender Freund Costa begrüßt uns herzlich und serviert uns extra große Portionen Salat und Gyros.
26.10.18 Der letzte schaukelnde Tag
Wir basteln ein bisschen am Boot, holen die Segel runter und bringen sie und das Segelkleid unter Deck. Auch die meisten Leinen werden ausgebaut und verschwinden im Schiffsbauch. Den Spinnaker ziehen wir nochmal hoch und hängen ihn in die Sonne zum Lüften. Das Beiboot, unser „Lupino“ habe ich gestern schon gewaschen, ein Gummi muss noch geklebt werden, dann lass ich die Luft raus und rolle es zusammen. Spi und Lupino kommen in die Segellast. Jetzt sieht die Loup schon richtig nackig aus. Später braucht ein Schiff von Maria unseren Platz, daher machen wir uns wieder auf den Weg. Wir nehmen die Brücke im Norden Lefkadas, die einmal pro Stunde öffnet und motoren Richtung Preveza. Der Weg dahin ist zum Teil sehr flach und wir müssen uns gut zwischen den Tonnen halten. Kurz vor Preveza fällt dann der Anker. Morgen ist Krantermin und mir wird bewusst, dass das heute die letzte Nacht auf der Loup ist mit Schaukelei und Wasserglucksen unter dem Boot. Wir setzten uns ins Cockpit und genießen den Sonnenuntergang.
27.10.18 Krantag
Heute ist es soweit. Die Loup kommt aus dem Wasser. Wir sind das zweite Boot, sind rechtzeitig vor der Marina Aktio zur Stelle und melden uns dort per Telefon. Wir sollen uns gleich bereit halten. Das heißt, wir kreiseln vorsichtig im äußert flachen Wasser und warten darauf bis der Kran das erste Boot abgesetzt hat und für uns da ist. Die Festmacher an den vier Klampen liegen bereit und Fender haben wir auch ausgebracht. Der Seewolf fährt etwas in Luv ins Kranbecken und ich werfe den vier Helfern nacheinander die Leinen zu. Sobald sie die Loup fest haben bedeutet sie uns, die Fender wieder an Bord zu legen, die stören beim Kranen nur, dann verlassen wir über das Seitentürchen die Loup und die Helfer ziehen sie ganz genau in die Mitte des Beckens. Nun fährt der Kranfahrer langsam das riesige blaue Ungetüm mit den Riesenreifen über die Loup. Die Marineros ziehen breite Laschen von einer Seite zur anderen. Genau an der richtigen Stelle. Am Boot gibt es dafür eigens Kranmarken, damit das Boot nicht plötzlich Übergewicht nach vorne oder hinten bekommt. Die breiten Bänder werden in die Halterungen des Krans gehängt und einzeln soweit angeholt, dass die Loup waagrecht bleibt. Und dann hebt sie sich langsam aus dem Wasser. Die stolze Loup de Mer schwebt nun in der Luft wie ein Vogel und wir stehen unten und schauen zu. Der Kran rollt mit dem schwebenden Boot nun über einen kräftigen Trailer. Der sieht aus, wie eine Raupe auf dem Rücken, die viele Füße nach oben streckt. Die Füße, die sich einzeln steuern lassen, nehmen die Loup sicher entgegen. Dann werden die Laschen entfernt und der Kran kümmert sich um das nächste Boot. Mit dem Trailer geht es jetzt zum Waschplatz und ein Marinero kärchert die Loup von allen Seiten ab. Ein Service, der zum Kranen mitgebucht werden kann. Im kräftigen Wasserstrahl fließen Algen, Salz und lose Farbe vom Rumpf ab. Wir betrachten unseren Ruderschaden aus der Nähe. Im Sommer hatte es in einem plötzlichen Gewitter unseren Anker ausgerissen und die Gewitterböen trieben uns auf Steine. Nach einer knappen halben Stunde kamen wir zwar wieder frei, aber das Ruder hatte schon arg gelitten. Inzwischen fehlt noch ein ganzer Teil mehr. Ich bin dankbar, dass wir mit dem Schaden noch so gut angekommen sind. Brave Loup. Auch ein Fischernetz, dass sich um die Schraube gewickelt hat, hat sie nicht davon abgehalten uns sicher ans Ziel zu bringen. Aber jetzt haben wir ja Zeit und können uns in Ruhe um das Boot kümmern.
Der Marinero fährt sie zum endgültigen Standplatz. Routiniert bauen die Arbeiter aus Metallteilen Böcke, in die die Loup eingehängt wird. Sie steht auf ihrem Kiel und wird aber von allen Seiten gegen Umfallen gestützt. Sehr umsichtig und gründlich wird alles aufgebaut, was auch sinnvoll ist, da wir uns in einem Erdbebengebiet befinden.
Dann wird noch eine Leiter ans Heck gelehnt und wir dürfen wieder auf die Loup klettern. Von oben sehen wir nun in einen Wald von Masten. Dazwischen liegen auch Motorboote. Hier in Aktio ist es erlaubt auch Nachts auf dem Schiff zu bleiben. Deshalb ist auf dem einen oder anderen Schiff auch Bewegung. Es erinnert ein bisschen an eine Kleingartensiedlung. Viele Boote sind schon winterfest eingepackt aber auf einigen ist Betrieb. Da kratzt einer am Rumpf herum, dort sitzen ein paar beim Kartenspiel im Cockpit, Irgendwo wird gekocht und ein paar Esel laufen übers Gelände.
Wir werden auch noch eine Woche hier bleiben, auf der Loup wohnen und basteln. Vor allem das kaputte Ruder muss ausgebaut werden. Und ich freue mich schon auf den ersten Abend, denn mit unseren netten Motorboot-Nachbarn aus Österreich, die Frank vom Vorjahr kennt, haben wir uns für heute Abend schon zum Essen gehen verabredet.