Abenteuer von Flaute bis zur Bora
Törnbericht
Segelrevier: Mittelmeer, Kroatische Adria
Ein Törnbericht von Astrid. An Bord: Claudia, Kerstin, Doris, Astrid und Frank, der Seewolf
06.08.2017 Hafentag
Heute fahren wir nach Trogir in den Hafen, denn Claudia stößt für die nächsten 7 Tage zu uns. Kerstin, Doris und ich sind schon seit einer Woche unterwegs mit Frank, dem Seewolf. Ich parke rückwärts ein. Und bald schon sind wir fest mit Heckleinen und an zwei Moorings vorne. Claudia erwartet uns schon, und wir nehmen unser neues Crewmitglied in Empfang. Sie bezieht ihre geräumige Kabine und wird in die wichtigsten Dinge eingewiesen. Die Funktion der Bordtoilette mit Pumpen, Spülen und See-Ventilen ist für sie Neuland, da sie noch nie auf einer Yacht war. Dann gehen wir einkaufen und füllen unsere Vorräte auf. Als alles auf der Loup verstaut ist, ziehen die Mädels nochmal los, Trogir zu erkunden und Frank und ich kümmern uns um die Loup. Obwohl wir letzte Woche nicht viel Wind und daher nur ganz wenig überkommendes Wasser hatten, sind doch eine Menge Salzkristalle an Deck. Auch die Wassertanks werden gefüllt und Frank macht Wäsche. Die Reling eignet sich hervorragend als Wäscheleine. In dem warmen Wind ist alles ganz schnell trocken. Am Abend lädt uns Claudia zum Essen ein, weil sie morgen Geburtstag hat und die Zeit bis Mitternacht verbringen wir mit der Besichtigung von Trogir und chillen in einer Cocktailbar. Ähnlich wie in Zadar mit Betten und breiten Sofas als Sitzgelegenheiten. Das Geburtstagsständchen um Mitternacht singen wir dann aber auf der Loup.
07.08.2017 Der angeknabberte Mond
Am nächsten Morgen nutzen wir nochmal die neuen sauberen Duschen in der Marina und dann legen wir ab. Da der Steg leer ist, kein Problem. Wir werfen die Moorings los, die Backbord-Heckleine los und halten uns mit der Steuerbord-Heckleine fest, bis wir fast parallel zum Steg liegen, jetzt die Heckleine los und wir fahren raus und fädeln uns ein in den regen Schiffsverkehr vor dem Hafen. Unser Ziel ist der Osten von Vis, da für heute Nacht Wind aus West angesagt ist. Mit jeder Stunde nimmt der Wind ein bisschen zu. Am Nachmittag sausen wir mit bis zu 10 Knoten Richtung Südosten. Kurz vor unserem Ziel kommen dann noch ordentlich Böen dazu. Das macht wieder richtig Spaß. Wir bergen das Groß und selbst mit der Genua haben wir noch gut Druck im Segel. In U Zaglav südlich von Milna werfen wir den Anker. Ein schöner Sonnenuntergang, Rot- und Weißwein nach einem leckeren Essen á la Seewolf runden den tollen Segeltag ab. Als der Mond aufgeht, sieht er aus, als wäre ein Stück angeknabbert. Vom Boot aus haben wir einen tollen Blick auf die partielle Mondfinsternis heute Nacht.
08.08.2017 Wenig Wind mit Parasailor
Am nächsten Morgen geht wieder der Anker auf, aber seit ich vor dem Ankeraufholen den neuen Bugfender montiere macht der Anker auch keine Mucken mehr. Unser Anker beschließt nämlich schon mal verkehrt oder schief in die Ankerwippe zu rutschen. Aber jetzt kann ich ihn gefahrlos ein Stück ablassen und wenn er wieder richtig liegt, erneut aufholen. Wir motoren erst und dann setzen wir Segel. Bei wenig Wind nicht so richtig toll, aber da der Wind fast achterlich kommt setzen wir den Spinnaker. Claudia kennt den großen blauen Parasailor noch nicht, aber mit ein bisschen Konzentration hat auch sie bald den Dreh raus. Jeder darf mal ans Ruder und so kommen wir langsam vorwärts. Während wir in der Sonne dösen, hüpft was im Wasser. Wir warten eigentlich auf Delphine, aber Frank meint, das war eher ein Thunfisch. Vielleicht war ihm ja ein Delphin auf den Fersen. Beim Bergen des Spi hängt sich die Bergeleien an der Lampe auf, aber das ist schnell wieder frei geschüttelt. Und die lange Wurst - der Parasailor mit Hülle - wird wieder ordentlich in der Segellast verstaut. Wir motoren den Rest in unsere Übernachtungsbucht U Prizna. Doris, Claudia, und Kerstin hüpfen ins Wasser und das gute Satéhühnchen mit der Erdnusssoße essen wir im Cockpit. Danach gibt’s wieder Wein bei Kerzenschein.
09.08.2017 Korcula auf den Spuren Marco Polos
Heute versprechen die Wetterfrösche mal wieder Wind und nach dem Frühstück geht es Anker auf. Schnell Segel gesetzt und wir sausen hoch am Wind durch den Kanal bis Korcula. Hier kommt der Wind normalweise immer aus Südost, so dass man kreuzen muss. Aber wir fahren so hoch am Wind dass wir mit wenigen Wenden hinkommen. Kerstin und Claudia arbeiten gut an den Vorschoten. Unterwegs begegnen uns viele Kite- und Windsurfer. Die sind zwar gegenüber uns ausweichpflichtig, aber da es eine Schule ist und sie noch lernen müssen, liegt alle Nase lang wieder einer im Wasser oder kommt uns mit dem Kiteschirm gefährlich nahe. Aber der Seewolf ist heute selber am Steuer und fährt uns souverän durch das bunte Gewimmel. In Korcula wollen wir eigentlich anlegen und über Nacht bleiben, aber der Hafenmeister winkt ab. Alles voll. Das ist blöd, weil wir auch einkaufen wollen und Wasser brauchen. Aber dann kann ich mit dem Hafenmeister dealen, dass wir für eine Stunde anlegen, Wasser bunkern und dann wieder verschwinden. So machen wir es dann auch. Doris, Kerstin und Claudia kaufen ein, und der Seewolf und ich kümmern uns ums Wasser. Wir füllen an zwei Hydranten vorne und hinten gleichzeitig und so ist die Loup schnell wieder voll. Die Mädels bringen den Einkauf und starten dann zur Besichtigungstour in Korcula, auf den Spuren Marco Polos, der angeblich hier geboren sein soll. Der Seewolf und ich fahren ein paar hundert Meter weiter und ankern dann in Badija, vor einem malerisch gelegenen Kloster. Abends sammeln wir die Stadtbummler wieder ein, die mit viel Mut von der hohen Hafenmauer ins Boot hupfen. Als wir raus fahren wollen, fährt uns ein türkisches Gület in den Weg. Hallo, hat der noch nichts von Ausweichregeln gehört? Damit scheinen es die Ausflugsschiffe hier in Kroatien insgesamt nicht so genau zu nehmen. Weil es bei Badija so schön war, übernachten wir dann wieder in der Klosterbucht.
10.08.2017 Ausweichregeln
Am nächsten Morgen hüpfen die Wasserratten als erstes wieder ins Wasser zum Baden. Dann wird gefrühstückt. Heute gibt es Rührei mit Speck, Zwiebeln, Paprika und Tomate auf Seewolf-Art. Lecker! Ich bin anschließend mit dem Anker beschäftigt, während Frank über ein flaches Riff fährt mit tatsächlich nur noch einer Handbreit Wasser unter dem Kiel. Dann setzen wir Segel bei 2-3 Bft. Nach einer guten Stunde dreht der Wind und wir stecken in einem Windloch. Für die nächsten 1,5h muss Theo, der Motor ran. Dafür bergen wir die Segel und machen das Bimini auf. So sitzen wir wenigstens schön im Schatten. Doris hält gut Kurs. Das Motorengeräusch ist einschläfernd, so dass Kerstin in ihrer Kabine verschwindet. Als sie den Kopf wieder raussteckt fragt sie: „Irgendwas ist anders, hab ich was verpasst?“. Jaaa, der Wind ist wieder gekommen und wir haben Segel gesetzt. Und dann schafft der Wind es immerhin auf 4 Bft. Wir kreuzen wieder mit langen Schlägen von einer Seite zur anderen. Das macht Spaß. Ein motorisiertes Ausflugsboot kommt uns von Steuerbord ziemlich nahe, ändert dann aber den Kurs, fährt ein bisschen parallel zu uns und dann vorne in sicherem Abstand vor uns vorbei. Keine 10 Minuten später die gleiche Situation. Von Steuerbord nähert sich ein Ausflugsschiff. Ich bin unter Segel, er unter Motor. Also halte ich Kurs. Der Blödmann aber auch. Stehende Peilung. Wir haben gut 7Kn Geschwindigkeit. Er auch. Und dann will er bei uns am Bug vorbei. Ob das die richtige Entscheidung ist? Es wird schon arg knapp. Ich halte weiter den Kurs - mal sehen, vielleicht braucht er ja das Beiboot, das er hinter sich her zieht, nicht mehr. Nur Zentimeter vor uns geht er durch. Und kommt dann achtern zur Tür raus, und schaut, ob sein Beiboot noch dran ist. Wir lachen. Ich mag das Steuer gar nicht aus der Hand geben, weil das Segeln so viel Spaß macht, aber Kerstin und Claudia haben noch gar keine Wenden gefahren. Und so machen wir Rudergängerwechsel. Auch bei den beiden klappt es mit den Wenden. Und dann die nächste Ausweichsituation. Eine monströse Motoryacht mit Hubschrauber am Bug und einem Motorboot als Begleitboot kommt in Sicht. Wir sind gespannt, wie die sich verhalten wird. Wir beobachten, wie die Yacht näher und näher kommt, dann aber vorschriftsmäßig deutlich erkennbar ausweicht und um uns herum fährt. Na also, geht doch. Das nächste Schiff, das uns kleinem Segelboot ausweichen muss, ist keine geringere als die AIDA blu. Und auch der Kussmund am Bug ändert brav seinen Kurs. Und schiebt sich in sicherer Entfernung an uns vorbei. Dann zeigt Frank uns am Horizont ein paar Maste. Da müssen wir hin. Das ist der Eingang der versteckten kleinen Bucht Okulje auf Mljet. Die Bucht ist übervoll. Segler drängeln sich neben Katamaranen. Aber für uns ist eine der beiden Bojen frei. Tihomir, den Frank seit Jahren gut kennt, betreibt mit seiner Familie das Maestral, ein Restaurant der Spitzenklasse. Und obwohl alles voll ist bekommt die Loup de Mer den besten Platz. Tihomirs jüngste Tochter hilft uns vom Motorboot aus mit der Boje, fängt geschickt das Seil fädelt es durch und wirft es wieder zurück. Bis 1900 zum Essen haben wir noch eine Stunde Zeit. Zeit zum Baden für die drei Wasserliebhaber. Doris erwischt dabei aber einen Seeigel und kommt mit Stacheln gespicktem Zeh wieder an Bord. Von einer Amputation können wir gerade noch absehen, es reicht die Stacheln rauszupulen und den Zeh in Essig zu baden. So lösen sich die kalkhaltigen Stacheln am Schnellsten auf. Und dann ist es soweit.
. Sein Sohn holt uns mit dem Motorboot ab und im Restaurant bekommen wir den schönsten Platz mit Blick über die Bucht und auf die Loup de Mer. Das Ankerlicht schalten wir vom Restaurant aus mit der Fernbedienung an. Das Essen lässt keine Wünsche offen. Meisterhaft und raffiniert im Geschmack. Wir essen Gnudi, Salat und Steak. Allein die Selleriecreme ist genial. Das Steak vielleicht das beste, was ich je gegessen habe. Mit Wein und einem fantastischen Nachtisch im Bauch bringen uns Tihomirs entzückende Kinder wieder zur Loup. Beim Übersteigen wäre Claudia fast noch im Wasser gelandet, als sie mit Krampf im Bein die Loup und das Boot auseinanderschiebt und dazwischen hängt. Aber wir hieven sie gar an Bord und sagen Tschüss zu den Kindern, die den ganzen Abend auch im Restaurant schon fleißig waren. Und so geht beim Absacker im Cockpit ein wunderbarer Segeltag zu Ende.
11.08.2017 Heute morgen heißt es nicht Anker auf...
...sondern Boje los und als wir aus der Bucht raus sind ist auch schon genügend Wind zum Segeln da. Am Anfang kommen ordendlich Fallboen runter. Dann lässt der Wind nach und wir segeln solange, bis es nicht mehr geht. Das allerletzte Stück motoren wir bis Kolocep. Dort gehen wir vor Anker und zum Abendessen gibt es Tonno mit Tomatensoße.
12.08.2017 Ganz früh am Morgen geht die Mucke an...
...und wir müssen aufstehen. Heute wollen wir Dubrovnik besichtigen, und den berühmten Weg auf der Ringmauer laufen. Da es dort sehr voll wird, lässt Frank uns in Kolecep an der Pier übersteigen und wir nehmen gleich die erste Fähre um 0645, die uns nach Dubrovnik bringt. Während Frank bei viel Schwell die Loup nach Cavtat fährt, nehmen wir den Bus in die Altstadt. Wir sind flott und stehen dann um 0740 schon in der wachsenden Schlange für die Besichtigung der Ringmauer. Um 0800 gehen die Tore auf und Kerstin ist ganz begeistert, weil sie hier die Kulissen widerfindet wo Games of Thrones gedreht wurde. Wir wandern ca. 2 Stunden auf der Mauer und bleiben immer wieder stehen, um Fotos von der Altstadt, den Kirchen und den alten Burgmauern zu machen. Das frühe Aufstehen hat sich wirklich gelohnt. Nachher setzen wir uns zum 2. Frühstück und bummeln durch die Altstadt. Da ich überhaupt kein Fan von Menschenmassen bin und auch nichts shoppen möchte, geht mir das zunehmende Geschiebe der Touristen auf die Nerven und ich wandere schon mal zum Hafen. Die Überfahrt nach Cavtat dauert heute länger als sonst, denn durch die Unwetter in Italien ist eine Menge Schwell und das Motorboot, das mich nach Cavtat bringt schaukelt heftig auf und ab. In Cavtat holt mich der Seewolf mit dem Dinghi an Bord. Kerstin, Doris und Claudia bleiben noch in Dubrovnik und werden dort von einer heftigen Windhose überrascht. In der einen Minute sitzen sie noch gemütlich im Café. In der nächsten Minute sind die Tische leer, Die Sonnenschirme fliegen durch die Gegend und die Kellner versuchen zu retten, was zu retten ist. Sicherheitshalber beschließen sie daher mit dem Bus nach Cavtat zu fahren. Dort fahre ich dann mit dem Lupino zur Pier, sammel sie ein und bringe sie zur Loup. Unser Beiboot hat einen Elektromotor. Der ist schön leise, aber hat trotzdem Kraft. Abends fahren wir dann alle mit dem Dinghi an Land. Auch 5 Personen haben im Schlauchboot noch Platz. Wir wandern ein kleines Stück in ein nettes Lokal, gehen essen und genießen unseren letzten Abend. Als wir wieder an Bord sind blitzt es und donnert. Ein Gewitter zieht auf. Die Mädels quietschen bei den hellen Blitzen und Doris fragt, ob es denn auch sicher auf der Loup sei. Frank kann sie beruhigen. Das Gewitter ist rings um uns herum, und über uns sind sogar noch Sterne zu sehen.
Der Wind hat deutlich zugenommen. Als die anderen schon in der Koje liegen sitzen der Seewolf und ich noch bei einem Glas Rotwein im Wind und wundern uns, was da für eine Boje so nah an unserem Heck schwimmt. Hier waren doch gar keine Bojen. Irgendwie sieht die Boje länglich aus, irgendwie sieht sie genau aus wie unser Kantenschutzfender. Es ist unser Fender, der sich losgerissen hat! Schnell wird er abgetrieben. Ich überlege mit dem Dinghi hinterherzufahren. Frank meint, das dauert zu lang. Jetzt ist keine Zeit zum Überlegen mehr. Ich ziehe meinen Pulli aus und springe in die salzigen Fluten, schwimme hinterher und rette erfolgreich den Kantenschutzfender. Der Wind wächst sich inzwischen zur Bora aus und dreht. Nicht nur wir müssen umankern. Es ist reger Betrieb in der Bucht und das mitten in der Nacht. Durch unsere Möglichkeit, den Anker im freien Fall zu werfen können wir genau da ankern wo wir wollen. Und schon beim ersten Versuch ist der 32 kg schwere Anker wieder gut eingegraben. Wir geben 50 Meter Kette dazu. Eine dicke Motoryacht neben uns ist weniger geschickt und mehrmals rattert der Anker an der elektrischen Winsch auf und ab. Aber jedes Mal kommt die Yacht uns wieder gefährlich nahe. Das kann nicht gut gehen. Der Skipper fährt schließlich ein gutes Stück weiter und ich verliere ihn in der Dunkelheit aus den Augen. Die elektronische Ankerwache ist eingestellt, aber Frank bleibt trotzdem wach und verfolgt das Geschehen. Ich lege mich hin und versuche ein bisschen zu schlafen, aber bald schon kommt der Ruf. „Astrid, Anker auf“. Ein anderer Segler hat unseren Anker rausgezogen. Deutlich sieht man auf dem Monitor, dass wir unseren Schwojkreis verlassen haben. Kein Problem, ich bin sofort hellwach, flitze nach vorn, mache die Ankersicherung ab und warte auf das Kommando „Anker ab“. Wieder rauschen 50m Kette in die Tiefe. Ich sichere den Anker und komme nach hinten. Alles hat geklappt. Wir sind ein gutes Team. Viel Zeit zum Schlafen ist jetzt nicht mehr, denn um 0430 ist Aufstehen angesagt. Die anderen krabbeln auch aus den Kojen und es gibt ein letztes Frühstück, dann müssen noch alle an Land gebracht werden, denn um 0630 bringt uns das Taxi zum Flughafen. Ich fahre zuerst die Mädels zum Steg. Lustig hüpft das Dinghi in den Wellen und ich muss gegen die Abdrift ansteuern. Dann bringen Frank und ich das Gepäck an Land. So beschäftigt, habe ich gar keine Zeit zum traurig sein, dass diese wunderschöne Woche schon wieder vorbei ist, aber es dauert ja auch gar nicht so lang und ich fliege wieder zu Frank auf die Loup de Mer. Da freu ich mich jetzt schon drauf.