Destination Europa
Transatlantik
Segelrevier: Karibik, Guadeloupe, Atlantik, Azoren, Gibraltar, Mittelmeer
Von Guadeloupe Richtung Horta/Azoren und weiter nach Gibraltar
14.3.2014 Aufbruchstimmung
Nachdem am Vorabend noch fleissig gepackt wurde und der eine frueher der andere spaeter die Tasche erfolgreich geschlossen hatte, war auch die letzte Backform, das Angelhakenset und diverse Kilos an Roggenmehl sicher verstaut und wir trafen uns um kurz nach 6 Uhr morgens am Bahnhof in Koeln. Wir, das sind Kira, Sascha und ich (auch Frank, aber halt nicht der Seewolf). Richard und Frank (diesmal der Seewolf) waren ja schon 2 Wochen vorher in die Karibik aufgebrochen. Der Weg sollte uns ueber Paris fuehren, denn von dort sind Fluege in die DOMS (Departements d'Outre Mer, franzoesische Ueberseeterritorien) einfach guenstiger und das Thalys Ticket nach Paris reisst heutzutage auch keine grossen Loecher mehr ins Reisebudget. Das Umsteigen am Gare du Nord klappte auch problemlos und ca. eine Stunde spaeter waren wir am Flughafen Orly. Anfaengliche Sorgen, ob Kira und Sascha auch mitkommen wuerden (sie konnten nicht online einchecken, sondern hatten den Status "Warteliste") zerstreuten sich schnell und mit den Bordkarten in der Hand und frisch aufgetanktem Koffeinspiegel stiegen wir in den Flieger. Danach wurde uns auch klar, warum die Tickets recht preiswert waren, wir sassen in der hintersten Abteilung (da wo das Laecheln aufhoert), Sascha klinkte seine Kniescheibe in den Vordersitz ein und ich machte es mir fuer die naechsten Stunden auf der Steuerbordhinterbacke bequem, da links von mir ein Paerchen mit einem 3 Monate alten Saeugling sass, dessen Beine oder Kopf, je nach Schlaflage auf Papas Schoss, auf der gemeinsamen Sitzlehne lagen. (Nicht, dass ich irgendwas gegen die beiden gehabt haette, die waren echt nett und konnten ja auch nichts an der Situation aendern, da es keine Kinderbettchen mehr gab.) Nachdem ich dann endlich meinen Aufsteh- und Toilettenrhythmus erfolgreich den Wachphasen des Kindes angepasst hatte, landeten wir in der Abenddaemmerung in Pointe-a-Pitre auf Gouadeloupe. Aussentemperatur 28 Grad, tropische Luftfeuchte, in der Ankunftshalle spielte eine Steelband Salsa- und Reggaemusik? Willkommen in der Karibik!
15.3.2014 Shopping einmal anders
Heute sollte unser Hard-Core Shoppingtag sein. Um die Taxifahrer nicht uebermaessig zu bereichern, haben wir uns ein Auto geliehen und machten uns gleich nach dem Fruehstueck mit einer 4-seitigen Excel-Liste in den Supermarkt auf. Das war ein riesiger Carrefour-Markt wie man es aus Frankreich kennt mit entsprechender Auswahl. Mit 4 grossen Einkaufswagen bewaffnet schwaermten wir aus und arbeiteten unsere Liste ab. Danach organisierten wir uns in 3 Teams:
Die Shopper: Kira und Sascha, Aufgabe: Fuellen der Einkaufswagen und Abarbeiten der Liste
Die Bringer: Richard und ich, Aufgabe: Verbringen der vollen Einkaufswagen zum Auto, Beladen bis Oberkante, Fahren zum Hafen und alles vor dem Boot abladen
Der Packer: Frank Seewolf, Aufgabe: Berge von Lebensmitteln in allen erdenklichen Ecken des Schiffes verstauen
Das Resultat des Tages: 7 Einkaufswagen, 3 mal Hin- und Herfahren, ca. 1200 EUR Ausgaben, gegen 5 waren wir fertig und Sascha, Richard und ich wollten die Gunst der Stunde und das Vorhandensein des Autos nutzen, um einen kleinen Badeabstecher zu machen. Laut Hafenmeister waren die schoensten Straende nur ca. 15 min mit dem Auto entfernt - und es hat sich gelohnt, so muss Karibik!
Nach einem schoenen Abendessen mit einer befreundeten Crew und einem deutschen Solosegler, der morgen mit einer 31er Bavaria nach Horta aufbrechen will, klang der Tag aus und wir fielen gegen 11 Uhr in die Kojen.
16.3.2014 Inselrundfahrt
Ab 6 Uhr ist Wallung auf dem Schiff, es ist noch nicht heiss draussen und man kann gut noch einige Arbeiten im Freien verrichten. Frank zieht das Grosssegel auf um es auf Schaeden zu untersuchen und Sascha geht im Bootsmannsstuhl in den Mast um ein neues Fall einzufaedeln (das ist die Leine, mit der man ein Segel hochzieht, die war bei der Vorcrew gerissen). Als passionierter Langschlaefer eigentlich eine Unzeit fuer mich, aber dank der Zeitverschiebung von 5 Stunden war ich noch auf Europa gepolt und topfit, so dass ich das Logbuch jetzt bereits vor 8 Uhr fertig habe! (In Deutschland undenkbar?). Nach dem Fruehstueck profitieren wir davon, dass wir noch ein Auto haben und starten zu einer kleinen Inselrundfahrt, waehrend Frank die Zeit nutzt, um die umfangreiche Todo-Liste der noch offenen kleinen Arbeiten anzugehen. Wir setzen uns in unser Auto, ignorieren die staendig blinkenden Warnlampen und das leichte Schlagen in der Radaufhaengung (macht nix, der faehrt noch, meinte der Vermieter nur) und fahren quer ueber die tropisch gruene Insel zur Karibikkueste der Westseite. Zwischendurch machen wir einen Stop und wandern ca. 10 min durch den Regenwald zu einem kleinen Naturwasserfall mit einem Naturpool (erinnert an Korsika, fuer alle die schon einmal dort waren). An der Nordwestkueste gibt es einen kleinen verschlafenen Ort, Deshaies, dies war unser Ziel, zum einen um dort einen netten Kaffee zu trinken und zum anderen, um dem dortigen Strand Grande Anse einen Besuch abzustatten. Ein lohnenswertes Ziel - ein grosser breiter Strand mit schoener Brandung im tuerkisfarbenen Meer und auch nur maessig besucht. Kurz vor dem Parkplatz entdeckten wir eine Bodensenke mit ? hunderten von Krabben! So etwas hatten wir noch nicht gesehen, Krabben, die an Land leben und sich in Erdloechern verstecken, sobald ein Mensch sich naehert (darum im Auto sitzenbleiben, dann merken die Krabben nichts!). Dieser Strand ist wohl das Ziel vieler Gouadeloupaner, die dort am Wochenende mit der ganzen Familie hinfahren und mit Salsamusik, Sonnen- oder nach Umständen auch Regenschirmen (es kam auch wieder eine von diesen kurzen Tropenschauern, kurz aber heftig) den Tag verbringen. Beneidenswert? Oder aber auch nicht, denn trotz Karibikfeeling und schoenster Natur machen die Doerfer einen teilweise recht heruntergekommenen Eindruck, an allen Ecken und Enden koennte renoviert werden. Industrie oder groessere Unternehmen gibt es nicht, die Leute leben von der Landwirtschaft, man sieht haeufig kleine von Hand bestellte Felder, angeleinte Kuehe und frei herumlaufende Huehner. Tourismus gibt es kaum, ab und an mal kommt ein kleines Hotel. Was Strassen und die sonstige Infrastruktur anbelangt, wird Gouadeloupe von Frankreich und der EU finanziell anscheinend gut versorgt, alles ist auf europaeischem Standard. Am spaeten Nachmittag waren wir zurueck und funktionierten das Auto zum Tankwagen um. Mit umgelegter Rueckbank gehen Kanister fuer knapp 400l Diesel in das Auto, und Richard und ich brachten dem Tankwart den Umsatz des Tages, indem wir in einer Grossaktion saemtliche Kanister fuellten. Zurueck zum Schiff ging es in 2 Touren, da der Auspuff fast am Boden kratzte und wir keine Polizeiaktion mit hunderten von Litern Diesel im Kofferraum riskieren wollten. Abends ging es dann in die Pizzeria am Ort (waren wir schon am ersten Abend) und anschliessend nach einem Einschlafbier in die Kojen.
17.3.2014 - Noch ein Ruhetag fuer die grosse Fahrt
Ohne Auto und darum ohne Mobilitaet verbrachten wir den Tag kurz gesagt mit allen moeglichen Kleinarbeiten (Deck schrubben, Segelbefestigungen ausbessern, Ersatzsegel aufraeumen, Wasser bunkern) und mit den letzten Einkaeufen z.B. fuer Frischobst und -gemuese. Die Logistik vor einem solchen Toern ist beachtlich und ich bin doch immer wieder erstaunt ueber alles, was so erledigt werden muss und auch ueber die Massen an Lebensmitteln, die gebunkert werden muessen. Aber in den naechsten Wochen gibt es keinen Supermarkt und Baecker, wo man schnell noch etwas besorgen koennte?. Immer wieder gerne geniessen wir die Moeglichkeit, schnell noch duschen zu gehen, denn in der Sonne ist es doch recht warm, vor allem bei der Arbeit auf Deck ohne Schatten. Die Sonne ist ueberhaupt nur mit aeusserster Vorsicht, Sonnenhut und LSF 50 zu geniessen, auf 16 Grad noerdlicher Breite steht sie fast schon im Zenit und knallt ab 9 Uhr erbarmungslos herab. Der Abend brachte uns einen letzten Fleischspiess und einige Carib-Biere zum Tagesausklang. Jetzt steht auch der weitere Plan fest, wir werden morgen noch das Schiff auftanken (die Ersatzkanister sind ja schon betankt), und dann zu einer vorgelagerten Insel fahren, um dort den letzten Abend in der Karibik zu verbringen. Der morgige Tag bringt dann voraussichtlich einen Winddreher, der uns auf dem Kurs zu den Azoren weiterhilft und eine schnellere Fahrt ermoeglichen wird.
18.3.2014 - Es geht los
Position am Abend: 16° 13,3'Nord, 061° 31,8' West
Zurueckgelegte Seemeilen: 3 !!
Wie immer startet der Tag fuer Frank und Kira sportlich spaetestens um 5 Uhr mit diversen kleinen Aktivitaeten wie Waesche waschen, Tauwerk flicken etc. Der Rest der Mannschaft ist dann wegen des Geklappers ebenfalls so ca. um 7 Uhr wach und wir koennen das Fruehstueck vorbereiten. Puenktlich um 8 Uhr oeffnet der Baecker und die Baguettes rollen an den bereits fertig gedeckten Fruehstueckstisch. Nach dem Aufklaren dann noch einmal Wasser bis zum Anschlag in die Tanks, auch saemtliche Thermoskannen und Wasserkocher werden bis an den Rand gefuellt. Dann noch den Schlauch und das Stromkabel wegpacken und beim Hafenmeister ausklarieren? Obwohl wir von Frankreich nach Portugal fahren, verlassen wir die EU ueber die seewaertige Aussengrenze und das ist das gleiche, wie von Siegburg nach Timbuktu reisen (und die vor uns liegende Entfernung ist durchaus vergleichbar?), also mit offizieller Grenzkontrolle durch den Hafenmeister. Ach ja, und natuerlich noch einmal, das letzte Mal, das allerletzte Mal duschen? Danach der Ableger aus der Box heraus und wie gestern schon angekündigt zum Auftanken an die Tankstelle. Alle Manoever klappen und gegen Mittag verlassen wir den Hafen um nach einem langen Seetag (haha) schon eine Stunde oder 3 sm spaeter vor der kleinen Insel Ilet du Goisier vor Anker zu gehen. Wir wollten noch einmal das Karibik Feeling haben und das hat sich gelohnt, Sascha und ich schwammen an Land (Richard hat wohl seine Badehose verloren? Oder hatte er keine Lust, Frank sagte es gaebe hier Haie?) und erfreuten uns an klischeehaft tuerkisem Wasser, Palmen am Strand und schneeweissem Sand. Waehrenddessen bereitet Frank das Abendessen zu (Reis, Paprika, Zuccchini und Zwiebeln in Tomatensosse) und wir lassen es uns an Deck in der Abendsonne schmecken, waehrend wir den Pelikanen beim Fischen zuschauen.
Ach ja - und ab jetzt greift das Suesswasserregiment, also nicht mehr nach dem Schwimmen zum Waschen unter die Aussendusche, sondern unter die Atlantikdusche. Das ist eine baumarktuebliche 1,5 l Gartenspritze, mit der man sich mit geringstem Suesswassereinsatz vom Salz befreien kann. Klingt komisch, aber funktioniert! Wir haben alles mit GoPro und Fotoapparat dokumentiert, sonst glaubt uns das sowieso niemand. Ist jedenfalls eine lustige Angelegenheit?
Der Tag soll jetzt noch mit einem letzten Bier ausklingen, denn morgen ist um 4 Uhr aufstehen angesagt und dann soll es nonstop zu den Azoren gehen.
19.3.2014 - erster Tag auf See
Position am Abend: 17° 29,9'Nord, 060° 54,4' West
Zurueckgelegte Seemeilen bis Mitternacht: 115 NM
Der Tag begann frueh wie erwartet und im ersten Morgengrauen lichteten wir den Anker und suchten unseren Weg durch die Hummerkoerbe, die ueberall vor Gouadeloupe ausliegen und deren kleine Erkennungsbojen, manchmal nur eine leere Wasserflasche, im Gegenlicht der aufgehenden Sonne kaum auszumachen waren. In Anbetracht der doch recht hohen Wellen und dem Motorkurs genau gegenan (bis zur Suedspitze von Gouadeloupe unter Segel zu kreuzen, haette zuviel Zeit in Anspruch genommen) liess die erste Opfergabe an Neptun nicht lange auf sich warten, so dass, was mich angeht, der Tag eher gemaessigt und auf dem Bett liegend weiterging. Aber dank Ceterizin und Vitamin C geht es schnell wieder bergauf, so dass ich versuchen werde, trotz Geschaukel und Hitze unter Deck den Bericht regelmaessig, wenn auch manchmal vielleicht etwas kuerzer, weiterzuschreiben. Da jemand trotz Erinnerung versehentlich ein Fenster offengelassen hatten, war ein Bett durch eine einsteigende Welle nass geworden und die Kabine musste mit Suesswasser ausgeputzt werden. Kurz danach meinte Frank, dass wir von den uns zur Verfuegung stehenden 31 Litern pro Tag bereits fast alles aufgebraucht haetten? Wir muessen also unseren Wasserverbrauch noch etwas einschraenken, aber mit Salzwasser kann man ja auch das Geschirr spuelen?natuerlich mit Suesswasser nachspuelen?.
Die Abendstunden brachten uns einen schoenen Sonnenuntergang mit rosa Wolken und danach das erste Mal einen gigantischen Sternenhimmel, bei dem sich die Milchstrasse von Horizont zu Horizont ueber das Schiff spannte. Da unsere Kompassbeleuchtung noch nicht funktioniert, muessen wir nach den Sternen navigieren, man sucht sich einfach einen raus, der vom Kurs her ungefaehr passt und kann eine halbe Stunde darauf zufahren. Laenger ist nicht zu empfehlen, denn die Sterne drehen sich ja alle um den Polarstern und sind nicht stationaer. Aber dann nimmt man halt einen anderen. Richard und ich sind um kurz nach 8 dann in die Koje, denn wir muessen ja morgens die 4 Uhr Wache fahren.
Wie mir zu Ohren kam, bekamen Kira und Sascha noch Besuch von fliegenden Fischen, von denen einer den Sascha abklatschte und dann im Cockpit landete, von wo aus Kira ihn ins Meer befoerderte.
20.3.2014 - zweiter Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 19° 56,3'Nord, 060° 37,5' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 250
Nach einem eigentlich wegen Wolken ausgefallenen Sonnenaufgang fuhren wir in einen Tag, der uns des oefteren eine heftige Suesswasserdusche bescheren sollte, so dass wir eigentlich alle mehr oder weniger bis auf die Haut nass wurden. Was solls, das erspart das Waeschewaschen und man braucht sich nicht so stark gegen die Sonne zu schuetzen. Kira hatte der Regen letzte Nacht richtig erwischt, das naechste Mal wird sie wohl gleich Shampoo zum Haarewaschen mitnehmen. Man sieht die Wind- und Regenfronten manchmal heranziehen (die Nordsee- und Irlandkenner wissen, was ich meine), manchmal aber auch nur wie bei Richard, der auf einmal meinte, das Meer an Steuerbord sei ohne Wellenkaemme und saehe ganz gruen aus: Der Regen hatte die Wellen geglaettet und die Tropfen brachen das Licht anders - bei diesem Phaenomen war die Vorwarnzeit bis zum Nasswerden dann nur 10 Sekunden? Immer wieder begegnen uns hier draussen neben fliegenden Fischen auch Voegel, die elegant in der Thermik ueber die Wellen schweben und Futter suchen (Frage an Ina - sind das Fregattvoegel? Naechstes Land ist 400 km weg?). Heute abend konnten wir bei moderatem Seegang auch noch etwas kochen, es gab Nudeln mit Lauch und Gemuese-Sahne-Sosse, sehr lecker, und alle hatten auch inzwischen wieder Appetit. Danach galt es den Sonnenuntergang nicht zu verpassen, den ich natuerlich auf unserer neuen Gopro festhalten wollte, was mir auch gelang, mir aber den Namen Gopro-Man einbrachte. Mal sehen, ob ich die Filme mit denen teile, die auf die Idee gekommen sind :? Jedenfalls zeigte sich der Himmel nach Sonnenuntergang in allen Farben, von einem hellen Blau im Osten ueber ein kitschiges purpur ueber uns bis hinueber zu einem zarten Orange im Westen, wo die Sonne hinter einer Wolke untergegangen war. Die Nacht verlief ruhig, bis auf die ueblichen Schauer, die die Nachtwache vor Mitternacht durchnaessten. Da es sonst nichts zu erzaehlen gibt, beschliesse ich diesen Tag mit vielen lieben Gruessen an Ina und die Kids in Bonn.
21.3.2014 - 3. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 22° 06,1'Nord, 059° 35,7' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 400
Wie immer frueh um 4 Uhr ging der Tag der Fruehwache von Richard und mir los. Das Dunkel wich bald der Morgendaemmerung, so gegen 5 Uhr kann man schon alles recht klar erkennen. Da ausser Richard der Rest der Crew noch schlief und somit keine Kommentare abgeben konnte, habe ich den Sonnenaufgang schnell noch einmal mit der Gopro festgehalten, man weiss ja nie, wieviele Sonnenaufgaenge wir noch mit recht wenig Wolken haben werden. Richtung Norden wird das Wetter in der Regel sehr schnell schlechter und momentan ist dort wie Frank sagte wohl auch ein ordentlicher Sturm unterwegs, der in den naechsten Tagen aber abgezogen sein wird. Mal sehen was uns erwartet? Da die Zeit bis zum Fruehstueck gegen 8 Uhr immer doch recht lang wird, haben Richard und ich uns also angewoehnt, jeden Morgen gemeinsam die Bordbar im Deckstisch zu leeren. Dort stehen zwar leider keine gekuehlten Drinks (wenn wir den Skipper fragen, haben wir bestimmt zuwenig Strom fuer die Kuehlung : ), aber immer die Snackreste der Abendwache von Sascha und Kira, gestern TucTucs, heute waren es Erdnuesse. Wir sitzen also da so unrasiert und ungewaschen herum, was Richard anscheinend zum Motto des Tages verleitete: Die Koerperhygiene wird im Alltag oft ueberbewertet. Das war der Brueller zum Lachen. Naja, jedenfalls war es ausgerechnet Richard, der sich am Nachmittag auf der Badeplattform ein paar Eimer Meerwasser ueber den Kopf kippte und sich dann mit der Atlantikdusche (siehe oben) abspuelte. Wettertechnisch war das Sitzen auf der Badeplattform heute kein Problem, denn wir hatten recht wenig Wind und eierten mit nur 3 Knoten gen Nordosten. Somit praesentierte sich der Ozean heute als unendlicher glatter See mit leichten langen Wellenhuegeln, die das Boot sanft anhoben und absenkten. Dazu ein sommerblauer Himmel, ueber den der Passatwind eine nicht enden wollende Phalanx von ausgefransten Schaefchenwolken gleiten liess. Gegen Nachmittag werfen unsere Fischer Kira und Sascha die Angel aus, mal sehen ob etwas anbeisst. Im Fall des Anbisses wuerden die beiden dann den Fisch auch zerlegen? Richard und ich koennen das nicht? Aber es beisst sowieso nix an und ausser Seegras (wir sind momentan in der Sargasso-See, das dort herumschwimmende Seegras hat schon Kolumbus zu der Annahme verleitet, in den naechsten Tagen Land zu sehen, was aber dann ja doch nicht der Fall war wie man weiss) hing nix an dem rosa Plastikoktopus mit Haken? Vielleicht haben sich die Fische auch wegen der Koederfarbe einen Ast gelacht, so dass sie nicht beissen konnten, wer isst schon gerne schwule Tintenfische, lol ?? Zwischendurch, kam Frank und meinte, Kira und Sascha haetten Post von zu Hause bekommen, die sie dann am Laptop lesen koennten. Interessant, was heute alles technisch moeglich ist. Ich fuehlte mich an die Bundeswehrzeit erinnert, als der Kompaniechef 2 mal die Woche im Flur stand und die Rekruten namentlich zum Briefabholen antreten liess :? Mit der Bitte an Kira und Sascha um ordentliche Bestueckung der Bordbar verabschiedeten wir uns um 20:03 Uhr in die Kojen, nachdem die Logge auf 450 sm umgesprungen war. (Wurde mit Handschlag gefeiert, entspricht immerhin 18% der Strecke zu den Azoren.) Der Wind liess dann wohl noch mehr nach, so dass Frank um Mitternacht die Maschine anwirft. Das hoeren dann hauptsaechlich Kira und Sasche im Achterschiff, ist ungefaehr so, als wenn 10 cm neben dem Kopf ein LKW seine Maschine anwirft. Richard und ich hoeren im Vorschiff mehr die Fahrgeraeusche der Wellen, die gegen den Bug schlagen. Je nach Wind und Welle geht das von einem leichten Gluckgluckgurgelgurgel wie heute Nacht bei ruhigem Wetter bis hin zu einem Wooosssch, Zisssch, Gluckgluck alle paar Sekunden, wenn das Schiff eine Welle durchschneidet. Fallen wir danach in ein Wellental, folgt darauf noch ein lautes Kawommm, wenn das Schiff unten aufschlaegt. Selbstredend, dass man das Kawommm dazu nutzt, die Schlafseite zu wechseln, denn das hebt ja sowieso einen etwas aus den Polstern. Vielleicht koennte man auch gleich das Gewusel von Tasche, Kopfkissen, Kamerabeutel neu sortieren? Das ganze in einer neuen Liegeposition arrangieren, also mal den Kopf rechtwinklig zur Schiffsachse und die Beine in die Ablage, da das Schiff sowieso schraeg liegt? Oder mit Reisetasche, Decke, Kissen und Kamerabeutel ein Ensemble konstruieren, in das sich der 3-fach angeschraegte Koerper gut einfuegt? Naja, immerhin hat das Schiff mich nachts noch nicht mit den Broten beworfen, die in der Ablage ueber meinem Kopf liegen, und alles in allem schlafen wir trotzdem alle gut und haben uns an das Schaukeln gewoehnt.
Zum Abschluss dieses Tagesberichtes gruesst Richard seine Alissa und Felice herzlich von der Mitte des Atlantiks.
22.3.2014 - 4. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 23° 43,0'Nord, 058° 03,0' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 530
Der heutige Tag beschert uns wieder kaum Wind (1-2 Bft) und eine spiegelglatte See, so dass wir weiterhin bis zum Abend unter Motor ueber den grossen Teich schippern und erst in der Daemmerung die Segel setzen, da etwas Wind aufkommt. Seit gestern haben wir die Banana-Days, die Bananenstaude, die Frank in der Karibik gekauft hatte, wird reif - und zwar alle Bananen auf einmal. Wir machen uns also gesunden Obstsalat, essen laufend Bananen zwischendurch und als besondere Ueberraschung gibt es heute einen leckeren Bananenkuchen, den Kira fuer uns zubereitet. Es gibt im Leben Schlimmeres, als bei seichtem Wind und sanftem Schaukeln unter dem Bimini (Sonnendach) zu sitzen und sich frischen Obstsalat mit noch warmen Bananenkuchen schmecken zu lassen :? Aber ansonsten - warum faehrt man/frau in mehreren Wochen unter recht asketischen Bedingungen ueber den Atlantik? Geht auch in 8 Stunden mit Bordkino und 2 Mal essen, das ist dann auch noch billiger? Wir fahren jetzt den 4. Tag durch das grosse NICHTS, eine totale menschenleere blaue Wasserwueste ohne Grenze rundherum bis zum Horizont. Wassertiefe unter dem Schiff ca. 6000m laut Seekarte. Grobe Entfernungen: DomRep 1200 km, Florida 2400 km, Azoren 3000 km, dazwischen nichts. Wir haben mal von weitem 2 Schiffe gesehen und heute ein Flugzeug mit Kondensstreifen, das war es auch schon. Aber das ist zumindest fuer mich einer der Hauptgruende einer solchen Fahrt, die Weite des NICHTS zu spueren und zu erfahren, ich denke, es gibt in unserer Zeit wenig Plaetze auf der Welt, wo dies noch geht. Internet, Telefon etc. werden unwichtig, Richard bemerkte, als die Sonne aufging, das es hier so ganz anders ist als der Sonnenaufgang auf der A2 im Stau und wie gut die Abwesenheit der Dauerberieselung mit Kommerz und Werbung tut, die sonst Teil des Alltags ist. Und wenn man genauer schaut, es bleibt ja auch nichts anderes uebrig, steigt die Aufmerksamkeit fuer scheinbar Unwichtiges (heute hatten wir so eine Art Achtsamkeitsseminar ;-): die Farbe des Meeres (dunkelblau, silberglaenzend, bleimatt, hellblau gegen das Licht), die vielen Formen der Wolken, die ueber uns hinziehen, die Farbe der Wolken, die Lichtspiele der Sonne um die Wolkenkanten, die Satelliten, die nach Sonnenuntergang ueber den Himmel rasen (sieht man in D wegen der Lichtverschmutzung kaum mehr), gestern hat einer den anderen ueberholt, war das ein Rennen NSA gegen KGB? Dann das aufleuchtende Plankton in der Bugwelle und im Hecksog, kleine wuetend aufblinkende Punkte, in ihrer Ruhe gestoert. Und natuerlich der Sternenhimmel, Sonnenaufgang und -untergang, darueber schrieb ich ja schon.
Schliesslich dann am Schluss fuer heute noch viele liebe Gruesse an alle in Deutschland, speziell an Yvonne und Nadja.
23.3.2014 - 5. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 24° 56,0'Nord, 056° 16,2' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 645
Heute morgen um 5 Uhr hatten wir Feindberuehrung - gleich 2 Schiffe fuhren vorbei, einmal ein Kreuzfahrer auf dem Weg von den Azoren in die Karibik und ein Frachtschiff auf Gegenkurs. Wir kamen uns aber nicht so nahe, dass wir irgendwelche Aktionen ergreifen oder gar ausweichen mussten, da trotz klarer KVR-Regeln die "Grossen" oft ohne bemannte Bruecke mikt Autopilot ueber die Weiten der Ozeane fahren und die "Kleinen" schlimmstenfalls einfach unbemerkt ueber den Haufen rennen. Also passen wir halt doppelt auf und halten rundum Ausschau. Richard und ich stellten uns vor, wie auf dem hellerleuchteten Kreuzfahrer helfende Haende gerade das Fruehstuecksbuffet richten, es waere nett gewesen, wenn die uns kurz 2 Cappuccini mit frischen Broetchen fuer die Wache vorbeigebracht haetten? Der Tag sollte ein wechselhaftes Wetter bringen, zwischendurch Sonnenschein, so dass Richard wieder den Eimer bemuehte (nur zum Waschen!) aber auch heftige Regenschauern, die Sascha wie ein Kerl im T-Shirt entgegennahm, denn der Regen hier ist noch warm. In dem nassen T-Shirt haette er jeden Wet-T-Shirt Wettbewerb gewonnen, ein entsprechendes Foto wurde selbstverstaendlich von Kira aufgenommen und wird zu gegebener Zeit an die Medien weitergeleitet. Schoen war, dass wir heute eine Mail von Guido bekommen haben. Der geneigte Leser erinnert sich (sonst muss er/sie halt nochmal die erste Seite lesen), das ist der Solosegler in der 32er Bavaria, der einige Tage vor uns losgefahren ist. Er hat es bislang auch gut geschafft und ist ca. 150 sm nordoestlich von uns. Da sich nordwestlich von uns ein Orkan aufbaut, raten wir ihm sicherheitshalber, wie wir auch, so weit und so schnell wie moeglich nach Osten zu kommen, um zwischen dem Tief und dem benachbarten Hoch hindurchzuflutschen. Na mal sehen, ob wir ihn in Horta treffen und, wie schon in Gouadeloupe, gemeinsam ein Bier trinken werden... In Anbetracht der Tatsache, dass es bisweilen schon einmal etwas windet und schaukelt, achten wir alle gemeinsam auf einige Sicherheitsregeln, damit nichts passiert, so z.B. draussen nur mit Rettungsweste, nachts zusaetzlich noch mit Karabinern angeleint, das Cockpit verlassen wir nur nach Absprache mit Frank und eigentlich sind - von kurzen Ausnahmen abgesehen - immer 2 Leute draussen. Und im Zweifel werden die Segel lieber etwas gerefft, als zuviel zu riskieren?.
24.3.2014 - 6. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 26° 18,6'Nord, 053° 30,0' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 810
Der heutige Tag empfaengt uns mit Schietwetter, eigentlich hatte es die ganze Nacht fast nicht aufgehoert zu regnen, aber wenigstens ist der Regen warm, da der Wind vorherrschend noch aus Sueden kommt und die Waerme mitbringt. Diesmal hatten Richard und ich die Ehre, einem verirrten fliegenden Fisch, der im Cockpit niedergegangen ist, ein Seemansgrab zu bereiten. Da freuen sich die anderen Fische ueber eine schnelle Mahlzeit? Der Wetterbericht verheisst nach wie vor im Westen nichts Gutes, also muessen wir so schnell wie moeglich nach Osten vorwaertskommen, was dank gutem Wind auch gelingt. Die taegliche Wettervorhersage verlaeuft an Bord nicht so komfortabel wie im ZDF vom Sofa aus: Frank holt sich ueber Kurzwelle von einem Wetterdienst in den USA fuer einen von ihm definierten Seebereich ein sogenanntes Grib-File, das er wie eine Email empfangen und in einem entsprechenden Programm oeffnen kann. Fuer den Seebereich zeigt das Grib-File dann mittels Windpfeilen die Windrichtung und Windstaerke an einem definierten Zeitpunkt an, und zwar aktuell sowie eine vorausgesagte Entwicklung jeweils ueber die naechsten Stunden. Diese Daten kann man wie einen Film abspielen, so dass sich die Windpfeile entsprechend der Prognose drehen und die Windstaerke , ausgedrueckt durch Faehnchen am Windpfeil, zu- oder abnimmt. Hieraus muss sich der Segler dann einen Reim machen und versuchen abzuschaetzen, wie das Wetter sich entlang der Kurslinie des Schiffes entwickelt. Frank zaubert dann am Abend Nudeln Ali et Olio. Das Frischgemuese ist nun fast weg und auch unser Brotvorrat geht jetzt so allmaehlich zur Neige, das frische Brot ist fast aufgebraucht und wir steigen jetzt zunaechst auf Toast etc. um. Einiges ist leider auch inzwischen angeschimmelt und musste zu den Fischen - aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit an Bord ist das Aufbewahren von Brot bekanntermassen problematisch. Na ja, Wasser haben wir noch genug und dann werden wir uns jetzt ueber die Dosen hermachen, die wir ja auch noch reichlich im Vorrat haben. Abends freuen Richard und ich uns ueber einen stabilen Wind von schraeg hinten (fuer die Segler: raumschots), der die Loup ueber die von hinten durchrollenden Wellen surfen laesst. Dabei uebertreffen Richard und ich uns gegenseitig in Top-Speed und Steuertechnik, wir haben eine Geschwindigkeit von 10 Knoten in der Spitze gemessen, wenn man die Wellen schoen geschmeidig abzieht. Untiefen gibt es ja nicht, und so kann man auch nichts kaputtfahren und sich auf das Steuern konzentrieren, denn rundherum war es ja stockdunkel. Spaet am Abend hatten wir noch eine "Feindberuehrung", ein Frachter irritierte uns durch staendiges Ein- und Ausschalten der Deckbeleuchtung, so dass wir zunaechst nicht genau wussten, was da wohin unterwegs ist, da wir die vorgeschriebene Beleuchtung nicht klar zuordnen konnten (Fahrzeug unter Maschine in Fahrt durchs Wasser ueber 50m Laenge, unseren Kurs kreuzend von Steuer- nach Backbord). Aber das Radar brachte schnell Klarheit, dass keine Gefahr drohte, das Schiff fuhr 4 sm an uns vorbei.
25.3.2014 - 7. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 26° 48,6'Nord, 051° 10,7' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 937
Auch heute erleben wir wieder einen sonnigen Segeltag zum entschleunigen mit moderatem Wind aus Suedwesten, den wir raumschots, d.h. von schraeg hinten, einfangen und der uns ueber die Wellen schiebt. Wir nutzen das schoene Wetter aus (immer noch 25 Grad Aussentemperatur), so lange es geht, heute z.B. war ein Waschtag angesagt. Sascha wusch die z.T. doch recht durchgesalzenen T-Shirts in einem Eimer mit Suesswasser aus und wir hingen alles ueber die Reling zum Trocknen. Keine perfekte Waesche aber so wird es mit der Waschmaschine vielleicht sauberer. Sascha und ich schafften es auch, uns noch einmal zu rasieren, jetzt sehen wir netter aus, man weiss ja nie was kommt : ? Richard spezialisiert sich lieber auf's Duschen statt Rasieren, jeder hat einen anderen Wohlfuehlfaktor, der irgendwann bedient werden will. Aber auch Sascha und ich kippen uns Seewasser ueber den Kopf, das Prozedere insgesamt habe ich ja schon beschrieben. Trotz allem ist das mit unseren "Geruechen" kein Problem, mir ist noch nicht aufgefallen, dass wir uebermaessig ausduensten, ich hatte mir das schlimmer vorgestellt. (Vielleicht weil ich ein Teil der Crew bin??) Frank wagt das erste Mal eine Prognose fuer unsere Ankunft, so Mitte der naechsten Woche sollten wir in Horta sein, wenn alles gut geht wie geplant. Eine Ankunftszeit fuer ein Segelschiff zu planen ist halt etwas anderes als eine Ankunftszeit im Auto am Navi abzulesen? Auch eine andere Tatsache zeigt, dass wir uns langsam dem Ziel naehern, die Sonne geht wegen unserer immer oestlicheren Position frueher auf und es wird frueher dunkel. Am Anfang hatte man das kaum gemerkt, aber seit wir relativ genau Ostkurs anliegen haben, ist die Verschiebung jeden Tag mit ca. 15 min recht deutlich. Darum haben wir heute die Bordzeit um 2 Stunden vorgeschoben, d.h. die urspruenglichen 5 Stunden Zeitunterschied Deutschland - Gouadeloupe sind auf nunmehr 3 Stunden geschrumpft. Diese Aktion muessen wir jetzt genauso noch einmal bis zu den Azoren machen (die Azoren liegen 2 Stunden hinter Deutschland, hinzu kommt die Umstellung auf die Sommerzeit, also noch einmal eine Stunde hinzuzaehlen) und dann nochmal eine 2-Stunden Umstellung zwischen den Azoren und Gibraltar, da Gibraltar die gleiche Zeitzone hat wie Deutschland. Darum wurden um 1 Uhr mittags die Uhren auf 3 Uhr gestellt und die Mittagspause fiel entsprechend kuerzer aus. Zum Essen gab es Nudeln an Dill-Thunfisch-Sosse, hoert sich lecker an, ist es auch. Nach dem Spuelgang verholten sich die Nachtwachen dann auch bald in die Kojen. Viele Gruesse an alle in Deutschland von allen auf der Loup, diesmal besonders an Julius, der mir die Gopro so nett erklaert hat, dass die Bilder einfach gut werden muessen.
26.3.2014 - 8. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 28° 050,1'Nord, 048° 28,9' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 1100
Heute morgen dann die langen Ohren, gefuehlter Wachenbeginn fuer Richard und mich war 2 Uhr nachts? Also quasi ein Mini-Jetlag, aber wir werden uns dran gewoehnen, denn Zeit zum Aufholen des Schlafes ist in der Freizeit zwischen den Wachen ja ausreichend. Jedenfalls goennt uns die Natur keine lange Eingewoehnungs- und Aufwachzeit - anders als morgens beim Schulbroteschmieren, wo man den Koerper und Geist in Ruhe innerhalb eines Zeitrahmens von 30 min auf Betriebstemperatur bringen kann. In der Dunkelheit, der Mond ist noch nicht aufgegangen, weht ein frischer Wind und eine recht hohe Welle verlangt die volle Aufmerksamkeit, damit das Boot auf einem "Kurskanal" von zwischen 70 und 90 Grad am Kompass gehalten werden kann. Faehrt man aus dem Kanal hinaus, kraengt das Boot bedenklich und alle fallen unten aus den Betten. Also volle Konzentration und Nordostkurs halten! Nanu, denkt jetzt der erfahrene Seemann/-frau, 80 Grad am Kompass ist doch nicht Nordost? Das ist auf der Ostsee oder im Mittelmeer auch korrekt, hier aber nicht: der magnetische Nordpol und der geografische Nordpol sind bekanntlich nicht identisch, und die Nadel des Kompasses zeigt auf den magnetischen Nordpol. Wir steuern aber nach geografischen Koordinaten, sonst kommen wir nicht auf den Azoren an, sondern in Irland. Also muessen wir den Kompasskurs hier auf dem Atlantik um einen Winkel von ca. 17 Grad berichtigen, dann stimmt es wieder. Diese Ablenkung ist auf Ostsee oder Mittelmeer (nicht aber in der SBF/SKS Pruefung!) mit nur max. ca. 1-2 Grad zu vernachlaessigen. Also - 80 Grad Kompasskurs ist doch Nordost :? Und apropos Mond: Es ist interessant, jeden Morgen vor Sonnenaufgang zu beobachten, wie sich die Sichel des abnehmenden Mondes zunehmend wieder aufrichtet. In Gouadeloupe, recht weit im Sueden gelegen, liegt der abnehmende Mond wie eine Schale auf dem Ruecken, je weiter man nach Norden kommt, desto mehr stellt er sich auf, bis der Mond dann in unseren Breiten auf der Seite steht, wie man es kennt. Ansonsten bringt der Tag nicht viel Neues, ausser die leckere Pizza, die Kira abends aus dem Ofen zaubert. 2 Bleche sind weg wie nix, die Fische bekommen nichts ab! Das Leben bei Schaukeln und Kraengung (windbedingte Schieflage des Bootes) ist nicht ganz einfach, ich habe heute nacht einmal bei Schieflage nach Backbord meine Backbordtoilette aufgesucht, und das geht dann ungefaehr so: Wachwerden in voelliger Dunkelheit bei angeschraegter Liegeposition mit gekeilter Tasche (oben schon beschrieben), Lichtschalter ist dann genau ueber dem Kopf, einschalten, Ohrstoepsel gegen Schiffsgeraeusche (siehe oben, sonst kann man eh nicht einschlafen) neben das Kopfkissen, damit sie nicht laufengehen, Judorolle ueber rechte Schulter bringt Beine direkt vor das Bett auf den Boden, aufstehen, mit linker Hand die Klotuer oeffnen, rechter Arm stuetzt schiefliegenden Koerper auf dem Tuerrahmen, mit linkem Ellenbogen Klotuer gegen Kabinentuer druecken, damit sie nicht zuschlaegt, waehrenddessen rechter Fuss ins Klo (natuerlich in die Toilettenkabine, ist aber ein langes Wort), Koerper nachziehen, dabei linker Fuss in Tuer keilen, damit linker Ellenbogen frei wird und Tuere nicht zuschlaegt. Linke Hand an den Haltegriff am Waschbecken, mit rechter Hand hinter sich greifen und Tuere schliessen, dann mit rechts ueber linken Arm hinweg (der haelt sich ja noch fest) Deckel hochklappen, rechtsdrehend hinsetzen und entspannen : Noch im Sitzen die Wasserventile unter dem Waschbecken oeffnen (ohne Wasser keine Spuelung), dann linksdrehend aufstehen, eine Hand an den Haltegriff, die andere Hand pumpen und Deckel schliessen. Durch Fuesse vor die geschlossene Tuere und Abstuetzen des schraeggestellten Koerpers mit dem Kopf an der Aussenwand bekommt man beide Haende gleichzeitig frei und kann sich anziehen. Dann buecken, Wasserventile schliessen (damit kein Wasser im Falle eines Defekts ins Schiff dringen kann), mit rechter Hand Tuere oeffnen und mit rechtem Ellenbogen verkeilen. Koerper aus der Tuere schaelen, dabei mit rechter Hand hinter sich greifen und Tuere schliessen. Auf Bett setzen, Judorolle ueber linke Schulter in Schlafposition. Stoepsel rein, Licht aus und gute Nacht. Richard hat das gleiche Prozedere dann spiegelverkehrt auf der Steuerbordseite :?
Zum Abschluss viele Gruesse an Martin, die eine oder andere nette Sonate kaeme echt gut als Begleitmusik beim Steuern durch die Nacht?
27.3.2014 - 9. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 29° 059,0'Nord, 046° 00,0' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 1329
Der heutige Tag bringt nichts sensationell Neues, mir erscheint es so, als leben wir in unserer eigenen abgeschlossenen Welt, die bestimmt wird durch unseren fuer jeden fest eingeteilten Tagesrhythmus, da das Schiff ja immer in Bewegung ist, Tag und Nacht weiterfaehrt und gesteuert werden will. Der Tag fuer uns sieht ungefaehr so aus: Um 7 Uhr faengt Kira an mit dem Vorbereiten des Fruehstuecks, waehrend Richard und ich ja noch die Nachtwache bis 8 Uhr fahren. Dann kommt irgendwann auch Sascha zu den Vorbereitungen dazu und gegen 8 Uhr ist das Fruehstueck soweit. Frank Seewolf loest uns am Ruder ab, damit wir als Crew gemeinsam fruehstuecken koennen, er kommt dann runter an den Tisch, sobald Kira und Sascha fertig sind und die erste Tagwache uebernehmen koennen. Richard und ich spuelen ab und raeumen etwas zusammen, ich schreibe an diesem Toernbericht, bevor wir uns in die Koje verholen, um kein Schlafdefizit aufkommen zu lassen. Gegen Mittag sitzen wir alle gemeinsam im Cockpit, wenn das Wetter das zulaesst, und um 2 Uhr ist Wachwechsel, d.h. Kira und Sascha gehen hinunter, Richard und ich machen am Ruder bis zum Abend weiter. Wir beide wechseln uns jeweils alle volle Stunde ab, das ist praktisch, dann wird das Segeln einem nicht zu lang und man vergisst auch nicht, das Logbuch zur vollen Stunde mit Positions- und Wetterdaten zu komplettieren. Irgendwann nachmittags faengt Frank Seewolf an, das Essen zu kochen (manchmal macht das ja auch Kira, s.o., oder sie macht uns zwischendurch einen ihrer beruehmten Snackteller?) und 2 Stunden vor Sonnenuntergang essen wir gemeinsam. Kira und Sascha spuelen ab, so lange es hell ist, da Richard und ich ja noch Wache gehen. Um 20 Uhr kommen Kira und Sascha zur 1. Nachtwache nach oben und Richard und ich gehen in die Koje. Der geneigte Leser mag sich fragen, wie es um unsere Privatsphaere bestellt ist, da wir ja doch alle 5 auf einem nur 15 m langen Schiff Tag und Nacht zusammenhaengen? Ich empfinde das nicht als Problem (wie ich verstehe, die anderen auch nicht), denn jeder hat eine eigene Kabine (ausser Kira, die sich die grosse Kabine mit Frank teilt), z.T. auch mit eigenem Bad. Die Kabinen sind Privatraum, d.h. ohne Fragen geht man nicht in die Kabine des anderen hinein. Wenn die Tuer zu ist, wird man nicht gestoert. Moechte man Geselligkeit, ist immer jemand im Cockpit am Steuer. Aber auch draussen ist es kein Thema, wenn man moechte, mal einfach nur eine Stunde lang auf das Meer zu schauen und seinen eigenen Gedanken nachzuhaengen. In den Kabinen hat jeder so seine eigene mehr oder weniger chaotische Ordnung, es gibt immer irgendetwas zum Trocknen, was im Bad haengt und man muss seine Siebensachen so verstauen, dass man genug Platz auf dem Bett hat, nichts durch die Gegend fliegt und man auch im Dunklen alles schnell finden kann.
Was ist heute sonst noch so passiert: Sascha hat wohl des Morgens die Klotuere mit etwas viel maskulinem Schwung geoeffnet, jedenfalls hatte er die Tuere in der Hand (kann schnell repariert werden, wenn das Geschaukel aufhoert), die jetzt auf seinem Bett mit ihm schlaeft. Und da er schon immer einen sehr dicken Fender als Beigepaeck auf seinem Bett hatte, verleitete uns dies zu der Annahme, dass im unwahrscheinlichen aber doch theoretisch moeglichen Fall des sinkenden Schiffes Sascha schon einmal seine eigenen Rettungsmittel parat hat und auf der Tuere liegend mit einem Fender gesichert durch den Atlantik paddeln kann. Und Guido hat sich noch einmal per Mail gemeldet, er hat Schwierigkeiten, Wetterdaten zu empfangen (gerade jetzt, wo das schoene Wetter langsam aufhoert) und wohl auch nicht mehr soviel Diesel zum Motoren im Flautenfall. Wir versuchen, ihn per Mail mit Wetterdaten zu versorgen und haben auch - leider vergeblich - versucht, sein Boot per Radar ausfindig zu machen, da er nicht weit von uns sein soll. Per Funk erreichen wir ihn nicht, danach hat er sich auch nicht noch einmal gemeldet. Notfalls koennen wir ihm etwas Diesel abgeben, aber dazu muessten wir wissen wo er steckt und er muesste sich darum noch einmal bei uns melden. Mal sehen?.
Von der geneigten Leserschaft erreicht uns die Rueckmeldung, ich solle etwas zur GoPro sagen? Also, die GoPro ist zunaechst eine Kamera, die filmen oder Fotos machen kann. Das besondere an ihr ist allerdings, dass sie wasser- und stossfest ist und nicht groesser als 2 Zigarettenschachteln, damit ist sie sehr handlich und kann, wenn nicht in der Hand gehalten, an einer Halterung am Schiff befestigt werden, wenn man beide Haende frei haben muss. Notfalls auch direkt mit einem Trageband um den Kopf, so dass die Kamera dann das aufnimmt, was man gerade selber mit den Augen sieht. Die Nachbearbeitung der Filme ist dann zu Hause problemlos mit einem PC moeglich.
Das war es fuer heute, viele Gruesse an Ina und ein schoenes Wochenende ohne Schulbrote schmieren.
28.3.2014 - 10. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 31° 13,5'Nord, 044° 49,7' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 1459
Der heutige Tag brachte dann den prognostizierten, erwarteten, befuerchteten, notwendigen Wandel in der Grosswetterlage. Befuerchtet, weil wir dann nicht mehr wie mein Sohn sagen wuerde gechillt in Sommerklamotten abhaengen koennen. Prognostiziert und erwartet war er ja schon, Frank Seewolf hatte es ja schon angekuendigt, dass wir nicht immer wie ein Kaffeefahrer auf dem Atlantik rumschippern wuerden. Und notwendig war er auch, denn irgendwann wollen wir ja auch ankommen (Bier?) und wir koennen nicht immer um das Azorenschietwetter rumschippern wie unsere Katze um den Fressnapf laeuft, wenn sie das Essen wieder mal nicht mag. Also - der Tag begann wie immer bislang, Sternenhimmel, schoener Mond mit vorausgehender Venus am klaren Himmel und Sonnenaufgang wie im Bilderbuch. Aber im Norden deutete sich schon eine dunkle Wolkenwand an, die uns hungrig erwartete. Die Sonne ging 5 min, nachdem sie aufgegangen war, wieder hinter einer messerscharf quer ueber den Himmel verlaufenden Wolkenkante unter und der Wind frischte schnell auf. Nach 2-3 Stunden waren wir bei Windstaerke 6 bis 7 in der Spitze - und wir mussten genau gegenan und konnten uns nicht auf einen Kurs mit dem Wind von hinten verdruecken. Dazu war es fuer uns alle ausser dem Seewolf, der unverdrossen in kurzer Hose und T-Shirt herumlaeuft, lausig kalt geworden (momentan 19 Grad Temperatur plus Windchill, die Luft fuehlt sich also kaelter an). Darum zogen wir alle Vollzeug an, also komplette Regenkombi mit Muetze und Stiefel, wobei ich mich sehr ueber meine neuen Stiefel gefreut habe, in denen ich die ganze Zeit ueber warme und trockene Fuesse hatte :. Ganz hart am Wind (30-35 Grad Einfallwinkel) konnten wir die Kraengung gut kontrollieren und die Boeen auch gut aussegeln. Das Schiff hat aehnlich wie ein Flugzeug, 3 Achsen mit Bewegung drin - einmal Schlingern (kennt man vom Auto, wenn man das Lenkrad hin und her bewegt), dann Rollen (Drehung um die Laengsachse nach rechts und links). Neu war jetzt das Stampfen, der Bug knallt in die See und sticht dann schraeg nach oben wieder aus der Welle hinaus. Das alles mit starkem Wind und 3-4 m hohen Wellen, willkommen auf dem Nordatlantik! Erschwerend fuer den Rudergaenger kam hinzu, dass die lange atlantiktypische Duenung genau von vorne kam, der Wind aber zusaetzlich noch eine rechtwinklig verlaufende Welle aufbaute, so dass man nie genau wusste, in welche Richtung das Schiff bei der naechsten Welle geworfen wird. Also hiess es genau und aufmerksam zu steuern, denn etwas Abweichung vom Sollkurs brachte entweder eine Fast-Wende (Bug zu stark in den Wind gestellt) oder Kraengung (zu seitlicher Wind drueckt das Schiff auf das Wasser). Dementsprechend waren wir alle am Abend etwas ausgepowert, an Schlaf war nicht zu denken, da das Schiff zu stark in unregelmaessiger Bewegung war. Insbesondere in den Bugkabinen lupfte jedes Stampfen den mueden Segler regelrecht in die Luft, ich schwebte einmal 2-3 cm ueber der Matratze, um Sekundenbruchteile spaeter wieder in die Polster zu krachen, die ich mit 2 zusaetzlichen Kopfkissen im prognostizierten Aufprallbereich etwas verstaerkt hatte. Trotzdem schaffte der Seewolf es, uns zu bekochen, es gab Safranreis mit Zwiebeln und Dosenchampignons. Trotz aller Muedigkeit aber ein segeltechnisch trotzdem interessanter Tag, die See (Kira und ich dachten genau das gleiche, witzig?) sieht aus wie Nordseeduenen, nur halt aus Wasser, man faehrt den Berg rauf, hinten wieder runter, vielleicht um eine kleine Duene herum, dann wieder ganz langsam raaauuuf, oben kurz aussichten, ob ein Schiff in der Naehe ist, dann wieder mit Schwung hinunter ins Tal, und so weiter. Der Bug des Schiffes spritzt mit jedem Knall auf die Welle Gischt zu beiden Seiten in die Luft, die der Wind dann schnell nach Backbord verweht. Ab und zu knallt eine Welle auf den Bug und schickt einen feuchten Gruss von Neptun an die sich wegduckenden Leute im Cockpit. Welche Naturgewalt? Und am Ende des Tages trotzdem ein oranger Sonnenuntergang hinter zerzausten und von unten rot angestrahlten Sturmwolken?
29.3.2014 - 11. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 33° 12,0'Nord, 045° 44,0' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 1598
Wie als Ausgleich fuer den doch recht verhangenen Vortag bescherte uns der 11. Tag auf See reichlich Sonnenschein bei moderat mitteleuropaeischen Temperaturen und eine immer noch recht bewegte See. Das Schiff liegt aber heute viel ruhiger im Wasser und darum heisst das fuer die nach dem gestrigen Tag etwas ausgepowerte Crew, erst einmal Schlaf nachzuholen. In meinem Falle habe ich am Vormittag 4 Stunden tief und fest geschlafen und fuehlte mich mittags frisch fuer die Herausforderungen des Nachmittags. Hierzu gehoerte zunaechst einmal ein Dreierfehler - Sascha hat die Abdeckung der Treppe nach unten (auch Niedergang genannt) aus Versehen nicht zugezogen, Frank Seewolf arbeitete im Bad herum und hatte das Fenster zur Belueftung geoeffnet und ich habe auf einen sich ploetzlich vor dem Schiff aufbaeumenden Wellenkamm nicht mehr richtig reagieren koennen? Das Resultat war, dass uns die Welle genau auf den Bug kam und mit 1 Sekunde Vorwarnzeit (ich habe noch das gleiche f? Wort wie Robert Redford in "All is lost" gebruellt, aber es war zu spaet) eine Riesenladung Wasser in hohem Bogen ueber das Boot nach hinten schickte, die sowohl alles was unten vor dem Niedergang stand als auch alles, was im Bad am Haken zum Trocknen hing (Kira's Segelzeug?) komplett einnaesste. Ach ja, auch Richard und ich bekamen oben unsere Dusche ab und wir hatten wegen der Sonne auch nicht alle Reissverschluesse geschlossen... Wir haben eine Stunde aufgewischt und zum Trost durfte Kira duschen, um damit nicht nur sich selbst, sondern auch das Bad zu entsalzen. Die naechste Herausforderung war ein Containerschiff auf dem Weg nach Europa: Da ist hier wirklich so unendlich viel Wasser hier und seit Tagen haben wir keine Schiffe mehr gesehen, aber wie der Zufall es will, waere das heute ohne unsere Reaktion ziemlich knapp geworden. Da uns aber keine Versicherung abkaufen wuerde, dass wir zufaellig mitten auf dem Ozean von einem Containerschiff gerammt wurden (ist vergleichbar mit der Aussage, ein Auto haette in der Garage stehend einen Auffahrunfall verursacht?), haben wir uns zu einem vorsorglichen Ausweichmanoever entschlossen und die Crew des eigentlich ausweichpflichtigen Schiffes (die unter Motor, wir unter Segel?) nicht herausgefordert. Der Frachter ging dann so ca. 1 km vor uns vorbei. Was lernen wir hieraus: auch in der Nacht staendig rumschauen, was sich hier so rumtreibt, unverhofft kommt oefters als man denkt. Danach wurde es ruhiger, auch der Wind nahm ab. Gerade als Richard zu mir meinte, er waere nicht zufrieden mit dem, was die scheinbar untergetauchte Tierwelt so hergibt, kamen 4 Delfine aus dem Wasser gesprungen und zeigten uns, dass im Meer noch Leben ist. Fotografieren lassen wollten sie sich aber nicht, und nach der einmaligen Sichtung kam nichts mehr (worauf Richard meinte, er haette auch gerade einen Wal gesehen, scheinbar glaubt er mir nicht?). Frank Seewolf konnte wieder wegen des akzeptablen Seeganges wieder die Kueche schmeissen und so gab es noch einmal Nudeln mit Schinken und Kaese. Waehrend der Nacht flaute der Wind dann ab und wir mussten wieder einmal fuer einige Stunden den Motor anwerfen, was auf unserer Reise ja bereits ein paarmal vorgekommen ist. Der geneigte Leser, der sich mit Google Maps auskennt (oder auf dieglobalsailing.net und dort auf den link Position geht) und unseren Kurs hoffentlich regelmaessig und engagiert verfolgt, oder eine Seekarte des Nordatlantiks im Haus hat und Kreuzchen macht (das sind dann wohl nicht so viele), wird erkennen, dass wir seit gestern einen richtigen Haken nach Norden geschlagen haben und eigentlich Kurs auf die Ostspitze Kanadas halten. Zur Erklaerung, denn wir wollen eigentlich schon nach Hause und nicht in Montreal shoppen, der Wind hatte in den letzten Tagen auf Nordost gedreht, also ziemlich genau entgegen der Richtung, in die wir eigentlich wollten. Gegen den Wind ist schlecht zu segeln, darum mussten wir ausweichen, und da in den naechsten Tagen eher mit Wind aus Norden/Nordwesten zu rechnen ist, haben wir durch das "Hakenschlagen" nachher den Wind voraussichtlich von der richtigen Seite, was den Umweg in der Summe schneller macht, als gegen den Wind anzukaempfen. Wir sind gespannt, ob die Taktik von Frank Seewolf aufgehen wird. Zum Schluss noch ein paar herzliche Gruesse von Richard an Maya, Dani, Alissa und Felice.
30.3.2014 - 12. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 34° 14,0'Nord, 043° 38,0' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 1728
Nach einer Nacht unter Motor, da zuwenig Wind da war und relativ viel alte Welle (Schwell), bereiteten wir bei Sonnenaufgang alles zum Segel setzen vor. Heute war der grosse Tag des Bugwechsels. Das heisst, dass windbedingt die Segel auf die andere Seite des Bootes gesetzt werden, da der Wind jetzt statt aus suedlichen Richtungen eher aus noerdlichen Richtungen kommen wird. Das hoert sich nach nichts Grossem an, aber es aendert doch komplett das Leben des Seglers, da sich unsere kleine Welt anscheinend auf den Kopf stellt. Auf einmal schlaeft man an die andere Wand gedrueckt und muss sich mit anderen Dingen arrangieren, die einem aus dem Schapp auf den Kopf fallen koennten, obwohl sie doch bislang anscheinend so gut verstaut waren. Ging das Toilettengehen bislang nur mit gekeilter Tuer (siehe oben), so geht die Tuer jetzt wie von selber auf. Beim Anziehen kann man sich bequem an die Wand lehnen, die bislang unerreichbar war. Beim Essen schaut man auf die halbe Crew hinab, die bislang selbst auf einen hinabschaute. Und man muss beim Spuelen beim Rudergaenger eine temporaer leichtere Kraengung beantragen, damit man ueberhaupt Seewasser in das Becken pumpen kann, da die Ansaugoeffnung evtl. ueber der Wasserlinie liegt. 2 von uns hatten heute wieder Emails von zu Hause bekommen, wieder ein schoener Moment zu sehen, dass man an uns denkt. Der Segelalltag verlief ansonsten recht unspektakulaer, wie immer zieht das Schiff seine Bahn durch den Nordatlantik und unser Kielwasser verwirbelt nur kurz die Wellen des Ozeans. Die Wolken allerdings sehen jetzt anders aus, die flauschig zerzauste Passatwolke weicht seit der Wetterfront der Cumulus-Schaefchen-Wolke, wie wir sie auch von uns zu Hause kennen und auch immer wieder schieben sich flache Schichtwolken ueber den Himmel, die wir bislang auch nicht so oft gesehen haben. Frank Seewolf zauberte heute Bratkartoffeln, eigentlich immer wieder erstaunlich, was er mit den bescheidenen Vorratsmitteln, denn Frischgemuese haben wir ja nicht mehr, aus der Kueche herausbekommt. Und schmecken tut es auch gut. Einmal am Tag warm zu essen ist schoen und tut gut, insbesondere, wenn es in die doch schon recht kalte Nacht hineingeht. Interessant zu sehen, wie sich auch langsam die Kleidung bei allen aendert, inzwischen kommen die warmen Handschuhe, lange Unterwaesche und Ueberziehpullis mehr und mehr zum Einsatz. Kurze Hosen und T-Shirts sieht man kaum noch, abgesehen von Frank Seewolf, fuer den anscheinend immer Sommer ist. Die Strategie ist einfach - immer nach einer kalten Wache wird das naechste Mal etwas mehr kleidungstechnisch aufgeruestet : So ganz langsam wuenschen wir uns aber jetzt doch alle einen Hafen, in dem wir mal richtig duschen und auch mal das Schiff und unsere Kabinen so wie uns selbst auch lueften koennen, denn diese Dinge kommen naturgemaess nun man halt hier zu kurz. Aber nun gut, direkter Kurs liegt an, derzeit ist auch nichts ueber signifikante Wetteraenderungen bekannt, die uns weit von unserem Kurs abbringen koennten. So gegen Ende der Woche sollten wir dann auch da sein, genaueres kann man noch nicht sagen, da wir immer noch so an die 700 sm vor uns haben. Gegen Abend frischt der Wind auf und wir versuchen, jeder nach seiner Wacheinteilung, noch etwas Schlaf zu bekommen.
31.3.2014 - 13. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 34° 47,5' Nord, 040° 48,4' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 1880
Viertel vor 4 in der Fruehe, taeglich gruesst das Murmeltier, aufstehen nach einer fast schlaflosen Nacht. Same procedure as every day, ein Blick durch die Dachluke, man sieht Sterne, das heisst also, keine Wolken, kein Regen = kalt draussen. Also Kleiderordnung "Winter", lange Unterhose und warme Unterwaesche, 2 Pullis, Hose, Stiefel und volles Oelzeug. Und warme Handschuhe mit Muetze. Wenn es jetzt noch schneien wuerde, was gottseidank nicht vorhergesagt ist, koennte man noch mit einer weiteren Hose und T-Shirt aufruesten? Die Nacht bescherte Kira und Frank Seewolf Boen bis Windstaerke 8 (jetzt weiss ich auch, warum wir so wenig geschlafen hatten?) und empfing uns mit bewegtem Meer und immer noch Windstaerke 5-6, das heisst, genau steuern (siehe oben) und gut festhalten, denn es schaukelte ordentlich. Richard hatte sich wohl nicht genug festgehalten, jedenfalls schleuderte es ihn einmal quer durch das Cockpit? Kurz nach Sonnenaufgang kam eine schwarze Front immer naeher, eigentlich sollte die doch von uns wegziehen? Jedenfalls refften wir das Grosssegel und Frank Seewolf zurrte Segel und Baum in einer wegen der Schaukelei akrobatischen Aktion fest. Dinge, die im Hafen vielleicht 5 Minuten dauern wuerden, brauchen hier draussen leicht 3 Mal soviel Zeit, da man sich immer mit einer Lifeline gegen Ueberbordfallen sichern muss und darueber hinaus mehr oder weniger nur eine Hand frei hat, da sich die andere Hand irgendwo festhaelt. Jedenfalls war ich froh, als die Wache vorbei war und ich um 8 Uhr sogar ohne Fruehstueck ins Bett fallen und ausschlafen konnte. Sascha bekommt zwischendurch immer wieder einmal etwas zum frickeln von Frank Seewolf, es ist erstaunlich, wie viele kleine Sachen unterwegs waehrend der Fahrt geschraubt werden wollen, z.B. Wackelkontakt im Kompasslicht, diverse Beschlaege und Schrauben auf Festigkeit kontrollieren, verstopfte Faeki-Tanks reinigen (das ist allerdings der Job von Frank Seewolf gewesen)? Der Nachmittag verlaeuft ohne besondere Vorkommnisse, wie immer halt. Gegen 4 Uhr faengt Frank Seewolf dann wieder mit der Kueche an, das Kochen dauert hier einfach laenger, Zwiebel- oder Gemueseschneiden ist eine Geduldsprobe, da immer Stueckchen hinter dem Herd verschwinden wollen, die Kessel schaukeln gefaehrlich hin- und her und manchmal empfiehlt es sich sogar, in Oelzeug zu kochen, damit im Fall des Falles siedendes Oel oder Wasser keine schwereren Verletzungen hervorruft. Der Rudergaenger unterstuetzt das Kochen nach besten Kraeften durch das Steuern eines Raumschotkurses, der das Boot moeglichst gerade haelt und den wir darum bereits Pizzakurs getauft haben. Auch das Spuelen verlangt wie vieles andere etwas Geschick und Einsatz aller Koerperteile, am besten klemmt man den Koerper mit den Beinen (auch Stabilitaetsstuetzen genannt) irgendwie fest, um beide Haende frei zu haben. Am Abend keine besonderen Vorkommnisse - das war es dann damit fuer heute, gute Nacht vom Atlantik nach Deutschland.
1.4.2014 - 14. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 35° 54,8' Nord, 038° 52,7' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 1998
Fast 2000 Seemeilen zurueckgelegt, das ist schon mal eine Strecke! Und wir naehern uns dem Ziel jeden Tag mit mehr als 100 Seemeilen. Die klammen Klamotten nerven langsam schon, es wird aufgrund der relativ niedrigen Temperaturen einfach nichts mehr richtig trocken was am Vortag an Deck war, sondern ist morgens immer noch klamm und feucht, wenn man sich anzieht. Auch merken wir langsam, dass bei aller Sparsamkeit in den letzen 2 Wochen doch etwas Muell von uns 5 angefallen ist, und dessen koennte man sich auch einmal entledigen? Apropos Muelltrennung, wir trennen konsequent wie die Schwaben im Landkreis Boeblingen , nur Plastik wandert in den Abfalleimer (alles gespuelt natuerlich, damit es nicht riecht, teilweise kleingeschnitten, damit das Volumen geringer ist) und Organisches, Papier, Glas und Metall gehen ueber Bord, da sich das frueher oder spaeter komplett zersetzt. Pro Woche einen Muellsack nur mit Plastik fuer 5 Personen, das soll erst mal einer nachmachen? Aber man sieht auch, wieviel Plastik immer noch produziert wird, das Entsorgungsproblem besteht also weiterhin (und es treibt schon einiges im Meer herum, auch hier draussen). Der vorhergesagte Wind ist also heute leider immer noch nicht da und so eiern wir mit Mini-Speed und leider noch nicht auf Zielkurs bei staendig sinkendem Barometer (eigentlich ein Anzeichen fuer Wind?) durch die Leere der Wasserwueste rings um uns herum und muessen am Nachmittag sogar die Maschine anwerfen. Aber dafuer zeigt sich wenigstens etwas von der Tierwelt unter uns: Sascha sichtet eine Gruppe von 6 Delfinen am Bug (er wollte mich wecken und klopfte gegen mein Fenster, echt nett, aber ich dachte der wollte mir nur Hallo sagen und ich habe lediglich nett zurueckgewunken und mich wieder zum Schlafen umgedreht), Richard hoert spaeter am Tag etwas neben uns pusten und sichtet den ersten Wal in unserer Wache: Traege waelzt sich der ca. 7 m lange Koerper an der Wasseroberflaeche, pustet bzw. atmet einmal kraeftig aus, Wale sind ja Saeugetiere und keine Fische, und verschwindet elegant mit kurzem Zeigen der Schwanzflosse wieder unter dem Schiff um etwas spaeter auf der anderen Seite das gleiche Schauspiel abzuziehen. Schoen, einen Wal von so nahe zu sehen, das ist schon etwas Seltenes und Bemerkenswertes! Von Guido hoeren wir nicht nur, dass er ca. 150 Seemeilen hinter uns ist und es ihm gut geht, sondern auch, das er laengere Zeit einen Wal neben sich herschwimmen hatte, die sind ja zur Zeit auf Partnersuche, vielleicht tut es auch ein kleines Segelboot? : Kurz darauf habe ich dann meine Sichtung des Tages, denn das ca. 50x50 cm grosse treibende Holzstueck hat auf einmal Beine und Kopf und entpuppt sich als Seeschildkroete, die uns keines Blickes wuerdigend unseren Kurs kreuzt. Und immer wieder sieht man Portugiesische Galeeren - das ist kein uebriggebliebener verirrter Seefahrer aus alten Zeiten, sondern eine Feuerqualle, die auch im Mittelmeer vorkommt, hier auf dem Atlantik aber richtig gross werden kann. Die sehen aus wie kleine handtellergrosse durchsichtige Schiffchen, die eine transparente lila umrandete koerperlange und ca. 4 cm hohe "Flosse" (Jungtier) wie ein Segel in die Luft strecken und sich so mit dem Wind bewegen koennen. Unter Wasser lauern dann meterlange Faeden mit gefaehrlichen giftigen Nesselkapseln? Abends zaubert Frank Seewolf Chili con Carne nach einem Rezept von Kira - wieder einmal lecker - und die Nachtruhe kehrt ein.
2.4.2014 - 15. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 37° 08,5' Nord, 036° 40,4' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 2142
Heute ist er da, und gleich mit Macht, der richtige Wind aus der richtigen Richtung! Schon in der Nacht drehte der Wind und frischte merklich auf. Als ich um 4 Uhr vom horizontal ausgerichteten warmen Bett in die Vertikale ans kalte Ruder wechselte, war es stockdunkel, keine Sterne waren zu sehen, und wir machten gleich gute Fahrt. Das heisst, nachdem ich meine Orientierungsprobleme geloest hatte, ich habe erst einmal Luv und Lee verwechselt, dann falsch rum gesteuert, gleich zwei Kringel also je eine Wende und eine Halse eingebaut und brauchte danach erst mal 3 Minuten, um mir die richtige Perspektive zurechtzulegen. Jetzt weiss ich, wie sich die Leute in der ersten Praxis-Stunde im Binnenkurs fuehlen muessen... Die KollegInnen unten hat die Schaukelei dann wohl mal kurz aus der Koje gelupft? Danach ging es dann mit staendig zunehmendem Wind durch den Tag, Wal und Schildkroete schauten wieder kurz bei uns vorbei und Mittags hatte Kira in ihrer Wache, spaeter dann Richard und ich, mit Windstaerke 7 - 8 zu kaempfen, die sich dank Windeinfall von raumschots, aber als gut steuerbar zeigten, solange das Schiff ein einem gewissen "Kurskanal" bleibt. Der Ozean zeigt sich heute wieder mit einer neuen Facette, wir kannten ja schon das tiefe Blau bei Flaute, das das Meer wie einen glatten See mit langen Wellenhuegeln erscheinen laesst. In den Kindergaerten wird oft ein grosses Stueck Fallschirmseite an vielen Ecken gehalten und auf und ab gesenkt, damit sich die Kinder darunter verstecken koennen, genauso sieht das dann aus. Auch ueber die Nordseeduenen hatte ich bereits geschrieben, denen die See gleicht, wenn lange hohe Wellen durchlaufen und das Schiff schaukeln, wenn der Wind noch nicht zu stark ist. Dann gibt es das eher mittelmeertypische Aussehen mit vielen kleineren Wellen, die sich ueberall nach einem scheinbar chaotischen Muster auftuermen. Heute kommt die Dimension "Alpenkamm" hinzu, denn der sehr starke Wind tuermt die Wellen zu hohen, scharfkantigen, geriffelten Bergen auf, die zunehmend Schaumkronen wie Schneekappen tragen, um dann zu brechen. Dazwischen tiefe Taeler. Wenn der geneigte Leser das naechste Mal ueber die Alpen fliegt und aus dem Fenster schaut, weiss er oder sie, was ich meine. Und alles ist staendig in Bewegung, auf und ab und rechts und links und vorne und hinten. Das geht dann ungefaehr so: Hinter uns baut sich in wenigen Sekunden der Hauptkamm der Hohen Tauern (ja, die sind in Oesterreich) auf, das Schiff wird mit Macht von hinten angehoben, man sieht nach hinten nur noch Himmel und nach vorne nur noch gruenes Wasser, als wenn der Bug geradewegs in die Welle davor stechen wuerde, dann surft das Schiff ein Stueck auf der Wellenkante mit (das ist der Hoehepunkt, wir hatten bis zu 14,5 Knoten auf der Logge, das sind 26 km/h!), die Welle aussteuern, damit wir auf Kurs bleiben, sie rauscht mit viel Gischt unter dem Schiff durch und baut sich vor dem Schiff wieder zu einem neuen Bergkamm auf. Der Bug zeigt dann in den Himmel und das Heck nach schraeg unten? Hinter uns zeigen sich dann schon die Stubaier Alpen als gruene Mauer? Und das Gleiche wieder von vorne. Dazu heult der Wind in der Takelage und manchmal gibt's noch eine Regenschauer aus tief haengenden grauen Wolken auf die in das Gesicht heruntergezogenen Kappen des Oelzeugs oder eine Welle von schraeg vorne auf den Latz. Hoert sich ungemuetlich an, aber es macht dann, wenn man den Dreh raus hat, richtig Spass, das auszusteuern, sich mit den Wellen zu messen und ringsum die tosende Natur zu beobachten, zu fuehlen, und die Bewegungen des Schiffes mit dem eigenen Koerper auszugleichen! Auch bei diesen Wetterbedingungen sehen wir Voegel, die pfeilschnell knapp ueber den Wellenkaemmen herjagen, die sind genial auf diese Bedingungen angepasst (aber wie die bei den Geschwindigkeiten noch fischen wollen, weiss ich nicht?). Am Nachmittag stellen wir dann die Uhren die naechsten 2 Stunden vor und sind damit, zumindest von der Zeitrechnung, schon einmal auf den Azoren angekommen. Abends gibt es Bohneneintopf mit Wurststuecken. Inzwischen essen Kira, Frank Seewolf und Sascha immer unten und reichen Richard und mir das Essen nach oben ins Cockpit, damit wir uns nicht erst von dem nassen Oelzeug befreien muessen und Pfuetzen im Salon hinterlassen. Das Essen an Deck bei den beschriebenen Wetterbedingungen gestaltet sich dann auch als interessante Uebung. Man will ja auch nichts auf das Oelzeug oder die Rettungsweste kleckern! Aber durch Regenschutz und Kappe bleibt nur eine kleine Oeffnung fuer das Gesicht, da muessen dann nicht nur die Augen rausschauen, sondern da muss auch etwas tiefer das Essen rein. In der Regel ist dann das Essen am Ende mehr gesalzen als am Anfang - aber alles ist nicht tragisch und wir haben viel zu lachen. Und Richard kleckert mehr als ich? : In der Nacht versuchen dann alle etwas Schlaf zu finden, waehrend Frank Seewolf sich dazu bereiterklaert hat, wegen der hohen Wellen 2 Stunden laenger als sonst zu steuern.
3.4.2014 - 16. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 37° 43,5' Nord, 033° 39,5' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 2298
Der Wind laesst kurzfristig mal etwas nach, aber wir naehern uns immer noch auf direktem Kurs unserem Ziel. Die Entfernungen sind messbar, neben der Seemeile (klar, das sind knapp 2 km, genau 1852 Meter) gibt es bei laengeren Fahrten auch das sogenannte Etmal, das die zurueckgelegte Strecke zwischen 12 Uhr mittags und 12 Uhr mittags am naechsten Tag misst. (Wenn sich also mal Segler ueber Etmale unterhalten, kann der geneigte Leser jetzt mitreden). Und unsere Etmale zeigen jeden Tag so ca. im Schnitt 140 Seemeilen an, das ist ja schon etwas. Frank Seewolf beschliesst, die Wachen neu einzuteilen - aufgrund des immer noch beachtlichen Seegangs wird er laengere Wachen in der Nacht fahren und so uebernehmen Richard und ich das Steuer erst um 7 Uhr, segeln dann bis 11 Uhr, dazwischen gibt es irgendwann Fruehstueck, Kira und Sascha uebernehmen dann von 11 bis 16 Uhr, Richard und ich wieder von 16 bis 21 Uhr, zwischendurch mit Abendessen (heute Thunfisch mit Nudeln und Tomatensosse), und Kira/Sascha dann von 21 Uhr bis 1 Uhr. Frank Seewolf segelt dann die Hundewache von 1 Uhr bis um 7 Uhr. Inzwischen zaehlen wir doch alle die Meilen bis Horta, Sascha realisierte spasseshalber, er koenne jetzt wohl nicht mehr aussteigen und muesste da jetzt durch und auch Richard und ich ueberlegen, was wir wohl so alles anstellen wollen, wenn wir an Land sind. Oben auf der Prioritaetenliste steht neben der schon erwaehnten Dusche auch der Wunsch, einfach einmal sich die Beine etwas zu vertreten. Ach ja, und Kaffee muss sein, aber diesmal ein richtiger aus der Maschine, anstatt Nescafe? Ansonsten gibt es nichts Besonderes zu berichten, es gab nicht einmal Tiersichtungen, vielleicht sind denen die Wellen und die Gischt auch zuviel und sie bleiben im ruhigen Wasser unter der Oberflaeche?
4.4.2014 - 17. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 38° 26,4' Nord, 030° 25,4' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 2451
Azorenhoch - hallo??? Der Tag empfaengt uns keinesfalls mit einem schoenen Hoch sondern mit original Nordseewetter, also grau in grau, man sieht keine 5 km weit und es windet und regnet immer wieder mal in Schauern bzw. Boeen. Und kalt ist es dazu, als Richard und ich die Morgenwache antreten. Wenigstens faengt der Tag bald an und es wird hell. Aber aus dem Oelzeug kommen wir den ganzen Tag nicht raus, denn wenn es mal nicht regnet, kommt garantiert eine Welle irgendwo an Bord gestiegen und naesst uns wieder ein. Darum ist das Oelzeug und auch alles andere in der Kabine staendig klamm und auf dem Bade"zimmer"boden bildet sich abends eine Pfuetze, die dann auch nachts fuer nasse Fuesse sorgt, wenn man mal dorthin muss. Aber ist sowieso egal, denn auch das Bettzeug ist klammfeucht. Apropos Welle, die scheinen heute aus allen Himmelsrichtungen auf einmal zu kommen, anscheinend sind ueberall Tiefdruckgebiete unterwegs, die mit ordentlich Wind die Wellen anpusten und in unsere Richtung schicken. Das macht es schwer, die gerade richtige Welle anzusteuern, denn fast gleichzeitig kommt schon eine von woanders. Darum schaukelt das Schiff wild hin und her und ist kaum zu baendigen, mir kommt der Gedanke an ein Bullen-Rodeo im Wilden Westen. Die Seeschwalben (das waren wohl die Voegel, die wir schon weit draussen gesehen haben) freut es, sie schiessen wie wild hin und her ueber die Wellen. Ich beschliesse, mal auf das Fruehstueck zu verzichten und mich lieber hinzulegen. Das Brot ist eh nicht mehr das was es sein sollte, denn frisches Brot gibt es lange nicht mehr und das lange haltbare Brot ist halt nicht so der Renner. Der geneigte Leser merkt, dass uns (mich zumindest) so langsam der Bootskoller ueberfaellt. Aber wir kommen unserem Ziel naeher, noch einmal aufstehen, nur noch etwas mehr als 100 Seemeilen, und das sollten wir morgen geschafft haben! Also Augen zu, Zaehne zusammen und durch!
5.4.2014 - 18. und vorerst letzter Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 38° 31,8' Nord, 028° 37,6' West im Hafen von Horta auf Faial
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 2544
Wir haben es geschafft! Erstmal? Heute morgen um genau 7.35 Uhr schaelte sich im Morgengrauen aus dem azorentypischen Dauergrau mit Regenschauern und Gewittern ringsum ein dunkelgrauer Klops mit scharfen Kanten, LAND IN SICHT! Richard hat es zuerst gesehen. Schon bald konkretisierte sich das Ganze und wurde zu einer grauen langgezogenen Landmasse, deren Bergspitzen im Nebel und in den Regenwolken abgeschnitten wurden. Wilde Wasserfaelle ergossen sich an Steilkuesten ins Meer, hoch gischtet die Brandung an der Steilkueste, die Landschaft wirkt urtuemlich, abweisend und kalt (so stelle ich mir Kap Hoorn vor), dazu natuerlich der uebliche Seegang der letzten Tage. Wir halten uns etwas von der Kueste fern, um nicht Opfer von Fischnetzen, Hummerkoerben o.a. zu werden, denn wenn wir auf die Steilkueste zutreiben und manoevrierunfaehig waeren? Aber bald kommt, wie in Irland (die Leute dort sagen, jeder Tag hat 4 Jahreszeiten) die Sonne heraus und wir sehen mal etwas Neues: GRUEN! Das hatten wir die letzte Zeit nicht mehr gehabt. Schnell noch um das letzte Kap und fertigmachen zum Anlegen in Horta. Zuerst zum Zoll, denn wir passieren ja eine Aussengrenze zur EU, das heisst, Frank muss mit allen Paessen zum Hafenkapitaen. Danach dann ein Anlegemanoever rueckwaerts in eine enge Box mit Wind leicht schraeg auf den Bug. Klappt aber alles, und wir sind auf den Azoren angekommen. Lustig waren die ersten Schritte an Land, wir konnten alle nicht gerade laufen und eierten wie die Seebaeren ueber den Steg. Totale Landentwoehnung, die Gleichgewichtssinne spielen verrueckt, wie nach einem wilden Ritt auf einem Karussell direkt nach dem Aussteigen. Danach dann erst mal das Anlegerbier, dass wir von Gouadeloupe mitgebracht haben versenkt, und schon bald sieht das Schiff aus wie ein typisches Kinderzimmer zu Hause, alles wird ausgeraeumt zum Kabinenputz und Waeschewaschen. Wir kommen auf 7 Maschinen! Waehrend die laufen, geniessen Kira und ich den ersten richtigen Kaffee! Sascha putzt das Deck und Frank Seewolf wieselt ueberall herum. Das Deck ist voll und mit Gummistiefeln und Oelzeug etc. zum Trocknen ausgelegt. Danach der naechste Hoehepunkt, duschen und rasieren! Das war noetig? Hoffentlich gibt es kein Fischsterben? Selbstverstaendlich auch Kontaktaufnahme mit zu Hause, denn wir haben wieder Telefon, leider aber kein Internet. Der Abend endet mit einem leckeren Abendessen, einmal nicht an Bord, und danach mit einigen Bierchen in Peter's Cafe Sport (eines der MUSS bei einer Atlantikueberquerung mit Stop auf den Azoren), auf die wir uns schon lange gefreut hatten?
6.4.2014 - zur Abwechslung mal kein Tag auf See
Landgang ist angesagt, die Crew hat einen Tag frei und bis auf Sascha und Frank Seewolf, die lieber an Bord bleiben und diverse Reparaturen ausfuehren moechten, machen wir uns auf ins Staedchen Horta. Zunaechst wird der Koffeinpegel auf Normalstand gebracht und dann tingeln wir durch die beiden offenen Laeden (es ist ja Sonntag?) und erstehen diverse T-Shirts, Sweatshirts, Postkarten und sonstige Mitbringsel fuer die Lieben daheim. Ansonsten praesentiert sich Horta als verschlafenes Staedtchen in der Nebensaison an einem Sonntag, dementsprechend ist nichts los und wir schlendern durch die Strassen, besuchen die eine oder andere Kirche - die sind wenigstens am Sonntag auf - und erklimmen einige hoehergelegene Huegelchen in der Stadt, um die staendig wechselnde Aussicht auf Meer, Stadt, ruhige sanft gewellte gruene Huegel ringsum und die Nachbarinsel Pico zu geniessen. Falls erforderlich, wird der Koffeinpegel zwischendurch wieder auf Normalniveau angehoben. Es tut gut, einmal die Beine zu vertreten, obwohl wir nicht gerade wie die jungen Hirsche auf die Berge rennen, sondern die schweren Seglerbeine zum Ansteigen zwingen. Das Wetter meint es gut mit uns, es klart immer weiter auf und die Sonne scheint laengere Zeit ununterbrochen zu absolut angenehmen Temperaturen. Immer wieder ergeben sich schoene Fotomotive, auch von nett angestrichenen Haeusern, malerischen Haustueren oder Balkonen oder schoenen Farbkontrasten zwischen Stadt, Umland und dem blauen Himmel. Am Nachmittag kehren wir zu einem Stueck Apfelkuchen in Peter's Cafe Sport ein, ich habe das Gefuehl, die Leute dort kennen uns schon langsam, zumindest eine der Mitarbeiterinnen gruesst freundlich. Ansonsten sind die Leute hier doch recht entspannt, alles geht seinen sonntaeglich ruhigen Gang, zuerst in die Kirche, dann zu Hause Essen und Siesta (ausgestorbene Strassen am fruehen Nachmittag) und spaeter nachmittags trifft man sich auf der Promenade zum Schwaetzchen oder halt eben in diversen Kneipen zum Nachmittagskaffee. Gegen 7 sind alle wieder an Bord und wir starten zum Abendessen, das Laufen bzw. Basteln macht halt auch hungrig!
7.4.2014 - noch ein Landtag auf Faial
Endlich mal wieder ein schoenes Fruehstueck mit frischen Broetchen vom Baecker, das baut auf und gibt einem Schub fuer den ganzen Tag. Eigentlich wollten wir heute eine Inselrundfahrt machen, aber der Morgen zeigt sich regnerisch und wolkenverhangen und so beschliessen wir, heute kein Auto zu leihen, sondern uns anderweitig sinnvoll zu beschaeftigen. Guido hat es auch geschafft und schaut kurz zum Fruehstueck bei uns vorbei. Danach gehen Kira und ich in die Stadt, Farbe kaufen, denn auf jeden Fall gehoert bei einer Atlantikueberquerung mit Stop auf den Azoren das obligatorische Bildchen auf der Hafenmole von Horta zum Pflichtprogramm, es heisst, wer sich nicht mit einem Bild hier verewigt, wird die Azoren nicht wiedersehen! Also macht sich Kira mit ihren kuenstlerischen Qualitaeten frisch ans Werk und entwirft unser Meisterwerk, zunaechst auf Papier und dann live auf der Mauer, wir signieren dann persoenlich jeder mit seinem Namen. Daneben nutzen wir die Zeit zu diversen Arbeiten an Bord und Einkaufsgaengen, denn noch einiges steht auf der Liste und will besorgt sein. Zeit fuer einen Kaffee zwischendurch bei Peter's ist immer und auch eine Fischsuppe zum Mittagessen schmeckt hervorragend. Richard und ich vertreten uns etwas die Beine und wandern am Strand entlang, ja hier gibt es einen kleinen Strand, sogar mit Duenen, auf einen Berg (ehemals Vulkan, heute Naturschutzgebiet), der vor dem Hafen von Horta liegt. Wir hatten das Glueck, durch nette Einheimische in eine Aufzuchtstation fuer Fische eingelassen zu werden, die Fische aus dem Meer faengt, aufzuechtet und dann an Zoos und Aquarien in der ganzen Welt verkauft. Wir hatten die ganze Station fuer uns beide, denn eigentlich war heute geschlossen! Ein sehr informativer Besuch? Und von diesem Berg herunter hatte man dann auch einen schoenen Blick auf Horta und auf die gruenen Huegel ringsherum bis hin zum wolkenverhangenen hoechsten Gipfel der Insel, immerhin fast 1000m hoch. Der Abend verlaeuft wie immer (kann man fast schon sagen), denn wir sind mit Guido bei Peter's verabredet um auf seine Ankunft anzustossen.
8.4.2014 - Inselrundfahrt
Nein, wir koennen noch nicht unsere Leinen zur Fahrt Richtung Gibraltar loswerfen. Ein nordwestlich von uns gelegenes Hochdruckgebiet recht langsam ostziehend sorgt bei uns dafuer, dass uns ein Nord-Ostwind entgegenweht - also leider aus der "falschen" Richtung. Dies beschert uns darum einen weiteren Landtag, den wir dazu nutzen, mit einem Mietwagen die Insel zu erkunden. Zunaechst geht es auf den heute einmal wolkenfreien Berg Cabeco Gordo in der Mitte der Insel, wo wir aus knapp 1000 m Hoehe einen schoenen Rundblick ueber die gesamte Inseln Faial, Pico und Sao Jorge bis hin zur ca. 100 km entfernten Insel Graciosa geniessen. Durch einen kurzen moosbewachsenen Tunnel gelangen wir zum Kraterrand, ein gigantisches, 400 m tiefes Loch tut sich vor uns auf. Auf halsbrecherischer Fahrt geht es durch Berg und Tal und teilweise auf Schotterpisten einmal um den Cabeco Gordo herum bis zur westlichen Landspitze Ponto dos Capelinhos, genau dem ersten Stueck Land, dass wir am Samstag von See aus von der Insel gesehen hatten. Die Insel praesentiert sich ueberall in frischem saftigen Gruen, Hortensienhecken saeumen die Strassen und dichte Feuchtwaelder zeugen immer wieder von der urspruenglichen und quasi undurchdringlichen Vegetation auf der Insel. Dazwischen immer wieder sattgruenes Weideland auf dem anscheinend jeder Faialaner eine oder mehrere Kuehe oder Ziegen zu halten scheint, aber wovon soll man hier sonst auch leben? Die Doerfer sind zwar verschlafen, aber aufgeraeumt und sauber, und zwischendurch gibt es immer wieder einmal einen kleinen Strandabschnitt, zu dem man von der Ringstrasse aus herunterfahren kann und an dem sich die imposanten Atlantikwellen rauschend auf den schwarzen Vulkansand werfen. Der Gegensatz zu dieser gruenen Landschaft ist dann Ponto dos Capelinhos, denn diese Landspitze ist erst vor ca. 50 Jahren aus einem Vulkanausbruch entstanden, der ein Dorf komplett und einen Leuchtturm fast komplett begraben hat und die westliche Spitze der Insel heute als braune Mondlandschaft zeigt, auf der allerdings schon die ersten gruenen Flecken spriessen. Das dazugehoerige Museum praesentiert das ganze Drumherum in anschaulicher Weise und haelt auch einen schoenen Kaffee fuer wirbensaeulengeschaedigte Schotterpistenopfer bereit. Rechtzeitig zum Abendessen "wie immer" sind wir um viele Eindruecke, Fotos und Filmchen bereichert wieder im Hafen.
9.4.2014 - Wale, Delfine und Shopping
Der heutige Tag stand ganz im Zeichen von Walen und Delfinen, denn wir hatten beschlossen, eine Wal- und Delfinbeobachtungstour zu machen. Das bedeutete dann in der Praxis, dass wir uns in vollem Oelzeug in ein groesseres RIB-(Hartboden-Schlauchboot) setzten, das mit 300 PS fuer uns 5 und die beiden Guides ausreichend motorisiert war. Diverse "Horchposten" der Walbeobachter entlang der Kueste von Faial hatten die Basisstation vorher mit Informationen versorgt, was und wo etwas zu sehen war und so rasten wir recht flott in die Mitte zwischen den Inseln Sao Jorge und Faial, wo einige Pottwale nebst ihren Kaelbern auf dem Weg in die Arktis Station machten. Dies war sehr interessant anzusehen, die Wale lagen quasi an der Wasseroberflaeche und atmeten von Zeit zu Zeit eine Gischtfontaene aus, bevor sie dann entweder kurz untertauchten oder zumindest einer von ihnen mit hochgesteckter Schwanzflosse auf Tieftauchkurs gingen. Die Kaelber hingegen blieben nahe der Wasseroberflaeche und konnten somit in gebuehrlichem Abstand von uns verfolgt werden. Zwischendurch begegnete uns eine Herde mit Delfinen, die fast auf Tuchfuehlung mit uns rund um das Boot herum sprangen. Unser Fuehrer versorgte uns fachkundig mit Informationen rund um das Thema Wale und auch allgemeiner Art zu den Azoren und den Lebensbedingungen und Entwicklungsmoeglichkeiten fuer deren Einwohner und die lokale Wirtschaft. Zwischendurch riss auch die Wolkendecke ueber dem Vulkan auf Pico auf und wir konnten den hoechsten Berg Portugals mit ca. 2500 m Hoehe in freier Sicht bis hin zum mit Schneeresten bedeckten Gipfel bewundern. Am Nachmittag begannen wir dann, langsam, unser Schiff seeklar zu machen, 3 von uns gingen einkaufen waehrend Sascha und Frank Seewolf noch einige Dinge an Bord zu richten hatten. Frank Seewolf hatte heute mehrmals das Wetter abgefragt und wir wollen ohne grosse Verzoegerungen parat sein, wenn es dann doch losgehen kann. Der Wind steht allerdings immer noch nicht guenstig und kommt in den naechsten Tagen in der Regel von vorne. Wie gewohnt, werde ich den geneigten Leser hierueber auf dem Laufenden halten. Wir verabschieden uns fuer den heutigen Tag mit dem ueblichen biergestuetzten Abendessen aus Peters Pub.
Wir sind wieder da!!
Der geneigte Leser koennte schon gedacht haben, es gaebe uns nicht mehr oder wir haetten keine Lust aufs Bloggen, aber die Unterbrechung war rein wetterbedingt, uns geht es allen gut und hier ist die Zusammenfassung der letzten Tage:
10.4.2014 - 1. Tag wieder auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 38° 31,3' Nord, 027° 43,4' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 2588, seit Horta 44
Es geht los! Das Wetter verspricht zwar keine optimalen Bedingungen, aber sonst wuerden wir noch mehrere Tage auf den Azoren festliegen, bis wir unter besten Voraussetzungen aufbrechen koennen, und was in einigen Tagen passiert, weiss sowieso keiner. Und irgendwann wollen wir ja auch mal ankommen. Also noch einmal "schoen" fruehstuecken, duschen, WLAN nutzen und eine letzte Tasse Kaffee, bevor wir um puenktlich 11.30 Uhr die Leinen loswerfen. Guido filmt uns dabei, mal sehen, ob wir den Film von ihm bekommen koennen? Bald schon frischt Wind und Welle auf und wir muessen unter Motor zwischen den Inseln Sao Jorge und Pico durch. Sao Jorge sehen wir jetzt ja von naeher und die Insel praesentiert sich als wilde Ur-Landschaft mit hohen Bergen und steil abfallenden Kuesten, von denen sich immer wieder Wasserfaelle ins Meer stuerzen. Ab und zu ein kleines Dorf am Meer, aber eine wirklich geschuetzte Bucht gibt es dort anscheinend nicht. Das Ende der Welt, aber ein schoenes! Noch einmal bestaetigt sich meine Meinung, dass die Azoren DAS Reiseziel fuer jemand sind, der wirklich nur Natur braucht und stundenlang alleine durch eine tiefgruene Landschaft mit schoenen Ausblicken auf Berge und Meer, Kuehe und Voegel wandern will. Stress und Zeitdruck - Fehlanzeige auf den Azoren. Die Azoraner begegnen einem in einer angenehm ruhigen, zurueckhaltenden und freundlichen Art, man kann herrlich die Seele bei einem Kaffee irgendwo in einem kleinen Oertchen baumeln lassen. Wo gibt es das im suedlichen Europa sonst noch - ich muesste laenger nachdenken? Der Sonnenuntergang zeigt uns den Vulkan auf Pico mit freier Sicht auf den Gipfel und einem Wolkenschal ringsum - aehnlich wie beim Titelbild der Paramount Pictures. Danach ein Panorama mit dunklen tiefhaengenden Regenwolken ueber Sao Jorge und eine wolkenfreie Sicht auf die Berge der Nachbarinseln Terceira und Graciosa, einfach schoen. Dazu gibt es Huhn mit Satesauce (lecker) und ab und zu Delfine, die rings um unser Schiff durch das Wasser springen. Richard glaubt, auch einen Wal gesehen zu haben.
11.4.2014 - 2. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 38° 11,6' Nord, 025° 05,7' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 2716, seit Horta 172
Frueh aufstehen? Wir hatten uns an das Landleben gewoehnt, aber die Wachplaene greifen wieder unerbittlich und bringen uns alle zu vorgegebener Zeit wenn auch etwas muede ans Steuer. In der Nacht hatte der Wind merklich zugelegt und steht mit 4-5 Windstaerken und entsprechender Welle plus Altduenung gegen uns. Da das Schiff schlaegt und stampft, ist nicht an Berichtschreiben zu denken, zu gross ist die Gefahr, dass ein Schlag die Festplatte des Computers beschaedigt. Fruehstueck am Tisch im Salon gibt es auch nicht, da alles durch die Gegend fliegen wuerde. Darum liegen Broetchen in der Tuete und Aufschnitt in der Spuele, moege sich jeder selbst bedienen und dann ueber der Spuele (Kruemel und fliegende Fluessigkeiten?) in Schraeglage verpflegen. Tiere zeigen sich nicht mehr, denen ist es vielleicht auch zu ungemuetlich. Am Abend zeigt sich ein unheimlich intensiver doppelter Regenbogen vor einer Wolkenfront, auf die wir direkt zusteuern und die unser Schiff mit einsetzender Nacht verschluckt.
12.4.2014 - 3. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 37° 34,7' Nord, 022° 40,7' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 2841, seit Horta 297
Der Regenbogen haelt was er verspricht und bringt uns reichlich Suesswasser in Form von haeufigen Schauern, die den ganzen Tag nicht nachlassen. Der Wind kommt aus Nordosten und bringt auch eine unangenehm klamme Kaelte mit, ein typisches Nordseewetter halt. Der Himmel ist grau, das Meer auch, keine Sonne in Sicht. Kira schafft es wieder, in akrobatischer Weise einen Tee zu kochen, der in der Kanne fuer alle bereitsteht, ansonsten Fruehstueck in Schraeglage wie am letzten Tag beschrieben. Den ganzen Tag bolzen wir gegen Wind und Welle an, wir machen zwar gute Fahrt durchs Wasser, aber eine relativ starke Gegenstroemung nimmt davon wieder einiges weg, so dass wir ueber Grund nicht allzuschnell vorwaertskommen. Immer wieder schlaegt das Schiff hart auf einen Wellkamm, es ist, als wenn jemand mit einem gigantischen Vorschlaghammer auf den Bug schlaegt, in den Vorderkojen hebt es einen 5 cm aus dem Bett und das ganze Schiff schwingt nach jedem Schlag noch eine Sekunde nach. Dazu reisst uns auch noch die Fockschot (fuer Nicht-Segler: eine der Leinen, die das Vorsegel halten) und muss in abenteuerlicher Turnerei durch Frank Seewolf ersetzt werden. Wenigstens schauen ein paar Delfine vorbei. Ansonsten fahren wir nicht nach Kompass sondern nach Windwinkel, d.h. wir halten z.B. einen Kurs mit Windeinfall 30 Grad von Steuerbord und ignorieren den Kompass mehr oder weniger. Das praktische daran ist, dass die Segel dann im Gegensatz zu einem festen Kurs nicht bei jedem Winddreher neu gestellt werden muessen, denn man faehrt die Winddreher einfach mit. Fuer lange Strecken eine gute Taktik, man schaut dann mehr oder weniger mal, wo man genau rauskommt und kann die letzten 100 Meilen immer noch nach Kompass fahren. Der Abend endet mit mueden Seglern in klammen Kojen, die versuchen, etwas Schlaf zu finden.
13.4.2014 - 4. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 36° 42,9' Nord, 020° 19,5' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 2975, seit Horta 431
Der Hexentanz geht unvermindert weiter, man hat keine Lust aufs Aufstehen, Ankleiden in Akrobatikbewegungen mit Einsatz von allen Haenden und Beinen, klamme Klamotten, Wind, Welle und Kaelte und Fruestueck im Stehen auf die Hand. Aber da muessen wir durch und irgendwie geht es dann doch, vielleicht weil es uns allen so geht. (Ausser dem Seewolf, der meint, das waer ja noch nix?) Der scheinbare (= gefuehlte) Wind liegt zum Teil bei bis zu 30 Knoten, das blaest schon ordentlich, die Kommunikation stirbt fast komplett ab, da man gegen Wind und Gischt anbruellen muss: Statt der Frage "hast du gut geschlafen" legt man z.B. eine Hand an den schraeggelegten Kopf und die Antwort kommt in bekannter Weise mit dem Daumen, der bei allen eigentlich nicht mehr nach oben zeigte. Man wird bescheiden, Wind unter 20 Knoten ist quasi Flaute und man freut sich schon, wenn es mal nicht regnet und die Tropfen einem von vorne ins Gesicht schlagen. Den Tag über kann man eigentlich nur segeln/rudergehen oder in der Koje liegen, denn ansonsten eiert man nur herum und wird hin und her geschleudert. Aber wir kommen vorwaerts und was das Wetter angefangen hat, hoert auch wieder mal auf! Am Nachmittag laesst es dann etwas nach und wir merken, dass wir irgendwie, Frank Seewolf raetselt heute noch wie, unseren Anker verloren haben, na da werden einige Fische da unten staunen, wenn die dort 25 kg Eisen auf den Kopf bekommen... Eine entkraeftete Schwalbe verirrt sich in unser Schiffsinneres, das arme Ding ist wohl vom Wind aufs Meer hinausgetragen worden. Sie fliegt wieder hinaus, aber sie wird keine Chance haben wieder nach Hause zurueckzukommen, das waeren ueber 700 km gegen den Wind. Genauso geht es einem Oktopus, den Frank Seewolf in der Nachtwache an Bord gespuelt bekommt, auch er bekommt am Morgen ein Seemannsgrab. Alle fallen erschoepft ins Bett und schlafen, was immer geht.
14.4.2014 - 5. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 37° 22,5' Nord, 018° 53,0' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 3100, seit Horta 556
Der Morgen verlaeuft noch wie die letzten Tage, also nichts neues zu berichten. Aber!! Gegen Mittag reissen endlich die Wolken auf und es zeigt sich mit der Sonne eine Himmelserscheinung, die wir die letzten Tage, eigentlich seit den Azoren, nicht mehr gesehen hatten. Also alle raus an Deck, Oelzeug trocknen und Sonne tanken, das tut gut! Und auch die Waerme ist angenehm auf der Haut, endlich mal keine klammen Haende. Gegen Abend geht dann der Vollmond auf und wir segeln auf einer silbernen Strasse nach Osten. Es ist erstaunlich, wie schnell die Lebensgeister und auch die Freude am Segeln zurueckkehren, wenn die aeusseren Umstaende sich aendern. Und wie schnell man auch die nicht gerade vergnuegungssteuerpflichtige Zeit der letzten Tage verdraengt. Das Meer ist ziemlich ruhig und so gut, fest und ohne Unterbrechungen habe ich die letzten Tage nicht mehr geschlafen!! Aber ich freue mich auf einen schoenen Kaffee mit Klaviermusik zu Hause (das sind jetzt die entsprechenden Gruesse an die daran Beteiligten!!
15.4.2014 - 6. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 36° 52,0' Nord, 015° 20,0' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 3225, seit Horta 681
Der Morgen beginnt endlich einmal mit schoenem Wetter und recht blauem, wenn auch nicht ganz wolkenlosem Himmel. Da faellt das Aufstehen etwas leichter, zumal die Sonne bereits um 6.30 Uhr, also recht frueh und damit vor Beginn der Morgenwache um 7.00 Uhr aufgeht, da wir immer weiter nach Osten kommen. Die See praesentiert sich unspektakulaer und recht glatt, aber noch mit der leicht wallenden Duenung des Windes der vergangenen Tage. Immerhin reicht es alle Male fuer ein bequemes gemeinsames Fruehstueck im Sitzen unter Deck, das hatten wir in den letzten Tagen ja nicht allzu oft (siehe oben?). Und auch das Abspuelen geht mal wieder zivilisiert vonstatten, das heisst, wir brauchen nicht alle Teller einzeln unter fliessendem Wasser abzuwaschen, da wir das Spuelbecken mit Wasser fuellen koennen, das nicht gleich wieder herausschwappt und die Anrichte flutet. Da recht wenig Wind geht, muessen wir wieder bis gegen 11 Uhr unter Motor fahren, was zwar den ruhigen Schlaf der Nachtwache in der Heckkabine etwas stoert, aber so ist es halt. Am spaeten Vormittag kommt dann unerwartet etwas Wind auf und wir koennen die Segel setzen. Auf unserem Weg gelangen wir schon bald in eine dichte Nebelwand, typischer Konvektionsnebel, da die warme, feuchte Luft aus Afrika ueber dem noch recht kalten Wasser kondensiert und sich wie eine ca. 20m hohe Decke auf das Wasser legt. Da wir doch immer mehr Schiffe sehen, die aus der Strasse von Gibraltar herauskommen oder dort hineinfahren, ist es nuetzlich, mit unserem Radar die weitere Umgebung checken zu koennen. Aber heute droht uns keine dieser unheimlichen Begegnungen der Dritten Art : aus dem Nebel heraus, nachdem wir bereits in den Morgenstunden von einem grossen Containerschiff mit Kurs Osten ueberholt wurden. Es ist immer erstaunlich, wie schnell die an uns vorbeirauschen, erst nur ein kleiner Punkt an der Kimm naehern sie sich und ueberholen uns mit beeindruckender Geschwindigkeit und aus unserer recht niedrigen Position, ca. 2 m ueber dem Wasserspiegel, sehen die Poette richtig gross aus! Damit sich unser Leben wieder mit den Tages- und Nachtzeiten synchronisieren kann, stellen wir am Nachmittag die Uhren um 2 weitere Stunden vor. Das fuehrt dann dazu, dass die Sonne spaeter untergeht (jedenfalls nach Bordzeit)und auch der Tag entsprechend spaeter beginnt. Und hiermit sind wir dann auch zeitzonenmaessig wieder weg von den Azoren und in Mitteleuropa angekommen. Am Nachmittag geniessen wir dann nach einer kurzen Schauerperiode - gluecklicherweise schiebt der Wind die Wolken auch schnell wieder weg - einen strahlenden Sonnenhimmel und mit leichtem Wind schraeg gegenan und ohne nennenswerte Welle auch einige schoene Segelstunden, die wir auch gerne dazu nutzen, unser Oelzeug, Muetzen, Handschuhe etc. etwas antrocknen zu lassen. Der Sonnenuntergang ist dann perfekt in orange mit von unten angestrahlten roten Altocumuluswolken. Wir sitzen alle noch etwas draussen und geniessen das Naturschauspiel (durch den Mini-Jet-Lag waren wir Nachtwachler auch noch entsprechend fit und mussten nicht sofort in die Kojen?).
Richard freut sich auf das Wiedersehen mit Alissa und Felice, die er hiermit ausdruecklich gruesst.
16.4.2014 - 7. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 36° 15,5' Nord, 012° 22,8' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 3375, seit Horta 831
Endlich mal ein sonniger Tag, so wie man es eigentlich vor der suedspanischen Kueste erwarten sollte. Der uebliche Morgennebel loest sich rasch auf und da wir inzwischen auch keinen Wind mehr haben, motoren wir durch eine fast spiegelglatte See unter blauem Himmel. Das geniessen wir auch nach den haerteren Tagen seit Horta wieder in vollen Zuegen und breiten wieder unser Oelzeug etc auf dem Deck zum Trocknen aus. Eine Schildkroete schaut wieder einmal kurz vorbei auf ihrem Weg durch die Weite des Ozeans und immer wieder sehen wir Schiffe, die unseren Weg kreuzen - aber keins von ihnen kommt uns nahe. Da wir noch ausreichend Wasser haben und der Motor dafuer sorgt, dass der Boiler fuer Warmwasser funktioniert, genehmigt Frank Seewolf uns allen eine warme Dusche, die wir alle gerne in Anspruch nehmen. Kira backt uns abends mit dem letzten Frischgemuese eine leckere Pizza, die wir alle zusammen draussen im Cockpit essen koennen. Der Sonnenuntergang wird perfekt, wie auch schon gestern, genau hinter uns im Kielwasser. Es ist schon ein lustiges Bild, wenn das Boot alleine nach vorne faehrt und 4 Leute im Augenblick des Sonnenuntergangs sich um die Pole Position mit Blick nach hinten herumdruecken und alle die Sonne fotografieren?
17.4.2014 - 8. Tag auf See
Position am Abend um 20 Uhr: 35° 29,9' Nord, 008° 58,8' West
Zurueckgelegte Seemeilen seit Gouadeloupe: 3559, seit Horta 1015
In der Nacht kommt auch der Wind zurueck und die Morgenwache beginnt nicht mehr ganz so muede (inzwischen haben wir uns an die Zeitumstellung gewoehnt) puenktlich um 7 Uhr bei einsetzender Daemmerung. Frank Seewolf hatte bereits in der Nacht die Segel gesetzt und bei frischem Wind, den wir auf flottem Halbwindkurs nehmen koennen, kommen wir unserem Ziel heute rasch mit einem Etmal von 174 Meilen naeher. Die See ist etwas kabbelig und da die Duenung von der Seite einwirkt, ist das Steuern nicht ganz einfach, da das Boot hin- und hergeworfen wird. Die Lust auf das Fruehstueck ist mit liegendem Nutella-Glas (wenn man es hinstellt, geht es fliegen?) zumindest bei mir dann auch etwas gedaempft und ich ziehe es vor, schnell ein Brot auf der Hand an Deck zu essen. Immerhin sind wir jetzt ziemlich sicher, dass wir am Samstag ankommen werden, wenn nicht etwas gravierendes, wie ein Schaden am Schiff, dazwischenkommt, was wir natuerlich alle nicht wollen. Der Wind jedenfalls sollte uns stabil begleiten ( nach letzten Wetterberichten). Damit koennen nun auch Richard und ich unsere Rueckfluege buchen, was wir sicherheitshalber noch nicht gemacht hatten, denn das genaue Ankunftsdatum stand ja noch nicht fest und ist unter Segeln bei einer solchen Distanz auch nicht planbar. Und wir koennen per Mail schon mal einen Platz im Hafen reservieren. Das Wetter ist leider heute gemischt, viele Wolken und ein kuehler Wind machen den Aufenthalt an Deck nicht zu einem Vergnuegen, wenn man nicht dick eingepackt ist. Unser Kurs fuehrt uns eher Richtung Marokko, denn wir rechnen noch mit einem Winddreher, der uns dann auf Zielkurs bringen wird. Darum verschwinden alle bis auf die Nachtwache dann auch puenktlich in den Kojen. Nach einem kurzen Auffrischen des Windes geht dieser dann auch so stark zurueck, dass Frank Seewolf in der Nacht die Maschine anwerfen muss, damit wir vorankommen.
aktueller Eintrag
18.4.2014 - 9. und letzter Tag auf See
Der letzte Tag auf See bricht an, wie immer mit dichten Wolken und noch ungemuetlichen Temperaturen, aber immerhin hat uns der gestrige Wind bis auf 100 Meilen an Gibraltar herangebracht. Verschiedene Zeichen deuten darauf hin, dass wir uns dem Ziel naehern, obwohl wir bis Mittag noch kein Land sichten koennen: wir sehen viel mehr Voegel, auch welche, die typischerweise an Land leben (Schwalben etc.), die ersten Fliegen tauchen auf und auch der Schiffsverkehr nimmt zu, da die Strasse von Gibraltar ja doch stark frequentiert ist. Es ist ein Gefuehl wie auf dem Rhein, wegen des Verkehrstrennungsgebietes fahren alle auf der fuer sie bestimmten Seite der Strasse von Gibraltar und ein Schiff folgt dem anderen, nur halt sind die Schiffe groesser als auf dem Rhein? Welche Fracht sie geladen haben und wohin sie fahren?... Der Wind laesst dann doch noch nach und wir motoren in etwas diesigem Wetter nach Osten. Erst um 21.30 Uhr, es ist schon dunkel, sehen wir Land und zwar in Form einer imposanten Lichterkette, die sich von Backbord (Cap Trafalgar, Spanien) um den Bug herum bis nach Tanger in Marokko auf der Steuerbordseite spannt. Ja, wir haben es geschafft, Europa ist erreicht! Die Durchquerung der Strasse von Gibraltar bringt noch einigen Wind mit sich, den wir unter der Genua gut aussegeln koennen. Diverse Tonnen, zum Teil nicht in der Seekarte verzeichnet, werden umschifft und kein Fischernetz mitgenommen und dann, mitten in der Nacht um 3.00 Uhr ist es vollbracht und wir liegen sicher im Hafen von Gibraltar, wo trotz der fortgeschrittenen Zeit noch ein gepflegtes Anlegerbier in der Kuehltruehe wartet. Die Logge zeigt an: 1222 Meilen seit Horta und damit insgesamt eine zurueckgelegte Distanz von 3766 Meilen seit dem wir vor mehr als 4 Wochen in der Karibik das erste Mal unsere Segel gesetzt haben. Fuer die Statistik entspricht das einer Gesamtfahrzeit von 25,5 Tagen und einem durchschnittlichen Etmal von 148 Meilen bzw. einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,15 Knoten. Schon beeindruckend, wenn man ueberlegt, dass ein Flugzeug das Ganze in ca. 7 Stunden hinbekommt? Aber da erlebt man weniger, und auf keinen Fall erschliesst sich einem der Raum, die Weite, die Freiheit und die Unendlichkeit des offenen Ozeans mit allen in diesem Bericht beschriebenen Details wie auf unserem knapp 15 m langen Schiff in den letzten gut 4 Wochen?
Und ueber Peter's Sports Bar fliegt man natuerlich auch hinweg und kann dort nicht zu einem gemuetlichen Sagres-Bierchen einkehren und Seemannsgarn spinnen?
Damit endet dann auch dieser Toernbericht, der geneigte Leser moege mir diverse Rechtschreibe- und Grammatikfehler (jaja, die Zeiten sind alle durcheinander gewirbelt?) bitte nachsehen.( Wir haben mit Ami-Programm geschrieben, deshalb die Umlaute nicht mit Puenktchen und und kein Rechtschreibprogramm).
Rueckblickend betrachtet haben wir uns alle super verstanden, das Teamwork klappte reibungslos und dadurch, dass wir uns immer gegenseitig unterstuetzt haben und fuereinander da waren, konnten wir alle eine schoene Zeit an Bord geniessen, auch wenn wir auch mal einige persoenliche Hundetage dazwischen hatten, denn die West-Ost-Atlantikueberquerung im Fruehjahr ist bestimmt keine Butterfahrt? Auf diesem besonderen Toern konnte jeder von uns viele Erfahrungen und Eindruecke sammeln, die uns alle garantiert noch lange begleiten werden.
Besonderen Dank von uns allen an unseren Skipper Frank "See"-Wolf, der uns mit seiner Erfahrung und auch mit seinem immer richtigen Riecher fuer das Wetter und einer gehoerigen Portion Wetter-Glueck sicher um alle Sturmtiefs herum zurueck nach Europa navigierte, so dass wir das richtige "Hack-Wetter" (Originalausdruck vom Seewolf) gluecklicherweise nicht mitbekommen haben.
Wir haben uns auf die Naturgewalten eingelassen und haben zusammen den Atlantik zwar nicht bezwungen, sondern nur ueberquert, nicht mehr - aber auch nicht weniger. Ich denke, da koennen wir alle ein wenig stolz darauf sein. Sind wir auch, und darauf werden wir heute in Gibraltar noch das eine oder andere Bierchen heben, bevor es morgen nach Hause geht.